Diskussion
Die primäre kutane CD4-+ klein-/mittelzellige TZell-lymphoproliferative Erkrankung (PCSMLPD) ist Teil des Spektrums der primären kutanen T-Zell-Lymphoproliferationen. Sie wurde früher als CD4+ primär kutanes klein-/mittelzelliges pleomorphes TZell- Lymphom bezeichnet (1). Aufgrund ihres indolenten klinischen Verlaufs wurde jedoch in der 4. Auflage der Klassifikation hämatolymphatischer Tumoren (Blaues Buch) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) der Begriff „primäre kutane CD4+ klein-/mittelzellige T-Zell-lymphoproliferative Erkrankung” als vorläufige Entität eingeführt und in der 5. Auflage als anerkannte Diagnose etabliert (2,3).
PCSMLPD betrifft vor allem erwachsene Männer und manifestiert sich in der Regel als einzelner asymptomatischer erythematöser Knoten, hauptsächlich im Kopf- und Halsbereich (50%), gefolgt vom Rumpf und den Extremitäten. Bei multifokaler Ausprägung sollte der Verdacht auf ein zugrunde liegendes systemisches T-Zell-Lymphom mit sekundärer Hautbeteiligung bestehen (4). Es wird betont, dass Fälle mit ausgedehnten Hautläsionen, einer erhöhten Anzahl großer pleomorpher T-Zellen (> 40%) und/oder einem hohen Proliferationsindex am besten als primäre kutane periphere T-Zell-Lymphome, nicht näher spezifiziert (NOS), klassifiziert werden. Es werden zwei unterschiedliche architektonische Muster mit Unterschieden in der klinischen Präsentation, der mikroskopischen Untersuchung, dem Immunphänotyp und der Differentialdiagnose erkannt (4,5). Die Merkmale der beiden Muster sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Unser Fall entsprach eher Muster 1.
Mikroskopisch ist es durch Dominanz kleiner bis mittelgroßer CD4+ pleomorpher T-Zellen gekennzeichnet. Letztere zeigen in der Regel keinen Verlust von Pan-TZell-Antigenen oder Expression zytotoxischer Proteine und sind positiv für die Tfh-Marker Programmed Cell Death Protein 1 (PD1), induzierbarer T-Zell-Kostimulator (inducibleT-cell costimulator, ICOS), ein T-Lymphozyten-Enhancer, der eine wichtige Rolle bei der Zell-Zell-Signalübertragung spielt, C-X-C-Motiv-Chemokin-Ligand 13 (CXCL13), einem B-Lymphozyten-Chemotaktischen Faktor, und BCL6, jedoch nicht für CD10. Im Infiltrat können eine variable Anzahl von B-Zellen, CD8+-Zellen, Immunoblasten, Plasmazellen (gelegentlich leichtkettenrestringiert), Eosinophilen und Histiozyten beteiligt sein (4). Die Pathogenese der PCSMLPD ist noch nicht geklärt. Ein zugrunde liegender antigener Stimulus könnte für die Rekrutierung der Tfh-Population verantwortlich sein. In unserem Fall liegt eine ungewöhnliche Koexistenz von PCSMLPDmit einem Compound-Nävus vor.
Diese außergewöhnliche Koexistenz wirft nicht nur diagnostische Fragen aus klinischen und pathologischen Gründen auf, sondern auch die Frage, ob es einen zugrunde Liegenden Mechanismus gibt, der die beiden Entitäten miteinander in Verbindung bringt, wie beispielsweise eine besondere immunologische Reaktion auf Nävuszellen.
Die Antigenität von Nävi ist im Fall des Halo-Nävus bestätigt, bei dem ein immunologisch vermittelter Mechanismus identifiziert wurde, der Antigen-präsentierende Zellen, CD8+ T-Zellen, klonale T-Zell-Expansion, aktivierte Lymphozyten im peripheren Blut und Nävus-reaktive IgMAntikörper umfasst (6). Im Gegensatz zu PCSMLPD überwiegen T8-Lymphozyten bei Halo-Nävi gegenüber T4- Lymphozyten, da sie zur Zerstörung der Nävuszellen rekrutiert werden. Ein weiteres Beispiel ist die bereits dokumentierte Koexistenz einer kutanen lymphoiden Hyperplasie (CLH) mit einem Nävus (7). In diesem Fall deutet die Tatsache, dass die CLH nach der Exzision der melanozytären Läsion zurückging, auf einen kausalen Zusammenhang und eine mögliche antigene Stimulation durch die Nävuszellen hin. Nach unserem Kenntnisstand ist dies der erste in der englischsprachigen Literatur beschriebene Fall einer PCSMLPD, die in Verbindung mit einem Compound-Nävus auftritt. Bemerkenswert ist, dass kutane Lymphome wie Mycosis fungoides auch in Verbindung mit melanozytären Nävi beschrieben wurden (8).
Das vorgeschlagene ätiopathogene Szenario eines zugrunde liegenden immunologischen Mechanismus, der die T-Follikelhelferzellen (Tfh) bei PCSMLPD anzieht, wird durch Berichte über diese Erkrankung nicht nur im Zusammenhang mit melanozytären Läsionen – wie im vorliegenden Fall oder in Verbindung mit Melanomen (9) – sondern auch nach COVID-19-Impfungen (10), Insektenstichen (5) und anderen immunbedingten Auslösern weiter gestützt.
Interessenkonflikt
Keiner.
Literatur
- James E, Sokhn JG, Gibson JF, et al.
CD4+ primary cutaneous small/medium-sized pleomorphic T-cell lymphoma: a retrospective case series and review of literature.
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“Halo nevus”.
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Cutaneous lymphoid hyperplasia on a preexistent melanocytic nevus.
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Primary cutaneous small/medium CD4+ T-cell lymphoproliferative disorder occurring in a patient with metastatic melanoma.
Am J Dermatopathol. 2018;40(1):60–63. - De la Torre-Gomar FJ, Llamas-Molina JM, Pegalajar-García MD, et al.
Primary cutaneous CD4 small/medium T-cell lymphoproliferative disorder following COVID-19 vaccination – what do we know about lymphoproliferative disorders and cutaneous lymphomas after COVID-19 vaccination? A report of an atypical case and a review of the literature.
Life (Basel). 2024;14(3):386.
Christos Topalidis¹, Mattheos Bobos², Leonidas Pavlidis³, Fotini Vrani⁴, Andreas Moutsoudis⁴, Triantafyllia Koletsa¹
¹ Department of Pathology, School of Medicine, Aristotle University of Thessaloniki, Greece
² Department of Biomedical Sciences, School of Health Sciences, International Hellenic University, Alexandrian Campus, Sindos, Thessaloniki, Greece
³ Department of Plastic Surgery, School of Medicine, Aristotle University of Thessaloniki, Greece
⁴ First Dermatology Department, Medical School, Aristotle University of Thessaloniki, Thessaloniki, Greece
Die Diagnosequizze werden uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom "Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft" © Deutsche Dermatologische Gesellschaft