DDG Kompakt & Praxisnah 2022

Dann halt doch nochmal digital …

Wir alle hatten uns sehr gefreut auf die DDG Kompakt & Praxisnah in Wiesbaden – endlich mal wieder eine Präsenzveranstaltung! So war es ursprünglich geplant, aber im Zuge der Omikron-Welle musste das Format auf online umgestellt werden. JuDerm war für Euch am Bildschirm dabei. 

Die Umstellung auf „digital“ tat den Inhalten keinen Abbruch. Dass ab und zu ein Mikrofon oder eine Kamera der Vortragenden nicht funktionierte, muss bei einem Online-Format in Kauf genommen werden. Diese kurzen Unterbrechungen wurden von den Moderatoren immer gut mit Beantwortung von Fragen überbrückt und die Probleme konnten durch die technische Unterstützung im Hintergrund immer sehr zügig behoben werden. So fand die DDG Kompakt Mitte Februar nicht in Wiesbaden, sondern an den Bildschirmen verteilt in ganz Deutschland statt. Im Nachhinein betrachtet, haben sich viele während des Sturms sowieso zu Hause sicherer gefühlt und eine komplikationslose Anreise nach Wiesbaden wäre an dem Sturm-Wochenende für viele nicht möglich gewesen. Wie einer der Tagungspräsidenten in der Kongresseröffnung sagte – irgendwie fällt die DDG Kompakt immer auf Sturm-Wochenenden, das kommt durch die Energie und Spannung, die in der Luft liegen. Auch ich erinnere mich noch gut an die DDG Kompakt vor zwei Jahren in Dresden und meine Sorge, ob ich es wohl mit dem Zug unbeschadet nach Hause schaffen würde. 

Facharztwissen für Assistenten 
Als Weiterbildungsassistentin habe ich am ersten Tag natürlich am Kurs „Facharztwissen für Assis tenten“ teilgenommen. Dieser gibt einen sehr guten und breit gefächerten Überblick über alle relevanten Themen der Dermatologie. Von entzündlichen Dermatosen über Ulcus cruris bis zu Malignomen und Mykosen. Besonders toll fand ich die Verknüpfung der Histologie mit der Klinik in den Vorträgen. Hiermit bekommt man eine gute Systematik veranschaulicht, mit der z.B. entzündliche Dermatosen leichter einzuordnen sind. Außerdem hat dies praktische Konsequenzen für den Arbeitsalltag und man kann besser einschätzen, ob tatsächlich eine 3mm-Stanze bei der Fragestellung als Probeentnahme ausreicht oder ob mehrere PE´s von verschiedenen Lokalisationen oder sogar eine Spindelexzision entnommen werden sollten. Auch um Kommunikation mit dem Histologen wurde gebeten – ob in Form von Befundbeschreibungen oder Bildern. Mit den klinischen Angaben kann der Histologe die Befunde viel besser einordnen und somit wird die Diagnosestellung deutlich verbessert. Im Track „Facharztwissen für Assistenten“ hatte jeder Vortragende 15 Minuten Zeit für die Präsentation, was sehr eng bemessen war, vor allem bei den großen Themen. Manchmal ging es Schlag auf Schlag und man musste sich wirklich überlegen, an welcher Stelle man eine kurze Toilettenpause einbaut. Zum Glück sind die Vorträge on-demand verfügbar, d.h. man kann diese bis zu einigen Wochen nach der Tagung noch einmal anschauen – ein großer Vorteil der Online-Tagung! Ich kann den Kurs definitiv für alle Weiterbildungsassistenten empfehlen, da er einen guten Überblick gibt und man daran orientiert die Themen nacharbeiten und vertiefen kann. 

Von neuer Nomenklatur bis Diaklinik 
Ein weitere interessante Aspekt, der sowohl im Facharztwissen als auch im allgemeinen Plenum erwähnt wurde, ist der Begriff des Keratinocyte Cancer (KC). Nach neuer Nomenklatur spricht man nämlich nicht mehr vom NMSC (Non-melanoma Skin Cancer), sondern vom KC. Im Plenum folgten viele weitere informative Vorträge. 
Besonders interessant war die Diaklinik, die am Freitagabend und Samstagmorgen stattfand. Hier wurden spannende Fälle vorgestellt, die oft eine unerwartete Wendung beinhalteten. Hervorheben möchte ich hier den Fall „Sofadermatitis“. Es ging um eine Sensibilisierung auf Isocyanat nach dem Kauf eines neuen Sofas und eine Sensibilisierung auf Dimethylfumarat nach Behandlung mit einem fumarat-haltigen Betablocker. Hier zeigt sich, wie wichtig die Anamnese in unserem Beruf als diagnostisches Tool ist! Ob sich nach Vorstellung des Falls alle Teilnehmer des Kongresses noch zu Hause auf ihrem Sofa wohl fühlten?  

Klinische Perlen 
Am zweiten Tag der DDG Kompakt folgten Vorträge im Plenum über Dermatoonkologie, Kinderdermatologie, aktuelle Entwicklungen in Klinik und Praxis, Mittagssymposien der Industrie, Teledermatologie, Preisverleihungen und sogar eine Keynote Lecture zu SARS-CoV-2. Ein neues Format, das es bisher so nicht gab, war der „Dermatalk: Klinische Perlen“. Dieses Format präsentierte sich wie eine Talkshow, in der die Moderatoren Diagnosen in den Raum werfen und das Publikum, in dem Fall die Tagungsteilnehmer, sich beteiligen können und Tipps und Tricks austauschen. Denn wer kennt sie nicht, die leidigen Themen in der Sprechstunde wie Verruca, Glossodynie, Follikulitis, Alopecia areata, Aphten, Porokeratose und Co. Durch den Austausch der „Perlen“ kann jeder nur dazugewinnen – denn geteiltes Wissen ist doppeltes Wissen. Die Schwarmintelligenz lieferte viele neue Ansatzpunkte, Therapiemöglichkeiten und bisher noch nicht bekannte Rezepturen. Ich freue mich schon auf das nächste Format dieser Art! 

Digitalisierung als Unterstützung 
Das „Hot Topic“ Digitale Dermatologie zeigte, wie sich das Fach in den nächsten Jahren verändern wird bzw. schon getan hat. Von Apps, Künstlicher Intelligenz über digitale Histologie zu Natural Language Processing – Ziel ist, den Arbeitsalltag zu strukturieren und zu vereinfachen und somit die Ärzte von zusätzlichen Aufgaben zu entlasten. Mehr Zeit für die eigentliche ärztliche Tätigkeit und für den Patienten ist gefragt! Hierbei ist es wichtig, zwar die neueste Technik zu nutzen, sich davon aber nicht benutzen zu lassen und sich deren Limitationen bewusst zu sein. 
Sehr treffend fand ich die Beschreibung, dass den Kongressteilnehmern „frischer Wind um die Ohren geblasen wurde“ – thematisch als auch wettertechnisch. Sicher starten alle wieder mit neuen Ideen und Motivation in den Arbeitsalltag. Mit einem Maximum von 1.112 Teilnehmern im Plenum wurde der bisherige Rekord geknackt – ob das als Präsenzveranstaltung auch möglich gewesen wäre? Probieren wir es aus – in zwei Jahren bei der DDG Kompakt & Praxisnah 2024 hoffentlich tatsächlich als Präsenzveranstaltung in Wiesbaden! 

von Dr. med. Katharina Fischer, Karlsruhe