Diagnose

Diagnose:

Multizentrische Retikulohistiozytose

Behandlung und Entwicklung
Der Patient wurde aufgrund seiner Komosbidität in die Abteilung für Infektionskrankheiten, Hepatologie und Innere Medizin überwiesen, wo eine spezifische Behandlung seiner Hepatitis- und Tuberkuloseinfektion eingeleitet wurde. Bei der Nachuntersuchung wurde eine inhomogene, 9 cm große knotige Läsion im Leberparenchym mittels Echographie identifiziert. Die Diagnose eines hepatozellulären Karzinoms wurde später durch dynamische Computertomographieuntersuchungen bestätigt. Bezüglich der Haut- und Gelenkbeteiligung wurde Prednison in niedriger Dosis oral verabreicht, was zu zunehmender Besserung beider Beschwerden führte. Andere Immunsuppressiva waren wegen der Begleiterkrankungen kontraindiziert.

Diskussion
Die multizentrische Retikulohistiozytose (MRH) ist eine seltene systemische Erkrankung aus der Gruppe der Nicht-Langerhans- Zell-Histiozytosen, die verschiedene rheumatische Erkrankungen imitieren kann [1]. Meistens sind Haut und Gelenke betroffen, aber gelegentlich wird auch über die Beteiligung anderer Organe berichtet [2]. Das artikuläre Muster der MRH ist durch symmetrischen Befall peripherer Gelenke gekennzeichnet, ähnlich der rheumatoiden Arthritis, während axiale Formen weniger häufig sind. Arthralgien sind bei bis zu 40 % der Patienten mit MRH das erste Symptom der Erkrankung [2], gefolgt von Hautmanifestationen in 29 %. In 30 % der dokumentierten Fälle [3] treten beide Symptome gleichzeitig auf. Selten kann auch Dysphagie aufgrund von Ösophagusknötchen das erste Symptom sein [4]. Kutane Läsionen sind hautfarbene, erythematöse oder purpurne Papeln und Knötchen, bevorzugt am Kopf (Ohren und perinasal) sowie an Händen, Hals und Rumpf [5]. Es gibt zwei pathognomonische Zeichen dieser Entität, nämlich “Korallenperlen” (periunguale hautfarbene Papeln) und gewundene erythematöse Läsionen um die Nasenlöcher. Diese Zeichen können bei 27 % beziehungsweise 17 % der Patienten mit MRH festgestellt werden [3], wurden bei unserem Patienten aber nicht beobachtet. Die Ursache der MRH ist nach wie vor unbekannt, obwohl sie in bis zu 25 % der Fälle mit malignen Tumoren in Verbindung gebracht wird [6]. Einige Autoren empfehlen ein systematisches Screening, sobald die MRH-Diagnose feststeht, da über ein schnelles Verschwinden sowohl der Gelenks- als auch der Hautaffektionen berichtet wurde, sobald der Tumor behandelt wurde [7, 8]. MRH wurde auch
bei Rezidiven früherer Krebserkrankungen beschrieben [9]. Es kann sein, dass es sich hierbei um einen kausalen Zusammenhang handelt, allerdings verläuft die MRH nicht immer parallel zum diagnostizierten Malignom, bei vielen MRH-Patienten liegt kein Neoplasma vor und es könnte eine Publikationsverzerrung bestehen [5]. In unserem Fall ist dieser Zusammenhang plausibel, da ein bislang unbekanntes Leberkarzinom vorlag. Es gibt keine spezifischen Labortests für die Diagnose
der MRH, und die Diagnose basiert auf dem klinischen und histopathologischen Bild, obwohl sich andere Techniken wie die In-vivo-Multiphotonenmikroskopie als nützlich erwiesen haben [2, 6, 10]. Wegen der geringen Anzahl an MRH-Fällen ist es schwierig, genau definierte Behandlungsrichtlinien aufzustellen [1–3]. NSAIDs und Kortikosteroide werden im Allgemeinen als Mittel der ersten Wahl eingesetzt. Methotrexat, Leflunomid und Hydroxychloroquin haben sich als nützlich erwiesen, ebenso wie Bisphosphonate und biologische Therapien. JAK-Inhibitoren [11, 12] haben sich als vielversprechend erwiesen, um eine klinische Kontrolle zu erreichen, sofern das zugrunde liegende Neoplasma wurde zuvor behandelt wurde.

Interessenkonflikt
Keiner.

Literatur
1 Sanchez-Alvarez C, Sandhu AS, Crowson CS, et al. Multicentric reticulohistiocytosis: the Mayo Clinic experience (1980-2017). Rheumatology (Oxford) 2020; 59(8): 1898–905.
2 Toz B, Büyükbabani N, l ˙nanç M. Multicentric reticulohistiocytosis: Rheumatology perspective. Best Pract Res Clin Rheumatol 2016; 30(2): 250–60.
3 Luz FB, Gaspar TAP, Kalil-Gaspar N, Ramos-e-Silva M. Multicentric reticulohistiocytosis. J Eur Acad Dermatol Venereol 2001; 15(6): 524–31.
4 Zeale PJ, Miner D, Honig S et al. Multicentric reticulohistiocytosis: a cause of dysphagia with response to corticosteroids. Arthritis Rheum 1985; 28: 231–4.
5 Tajirian AL, Malik MK, Robinson-Bostom L, Lally EV. Multicentric reticulohistiocytosis. Clin Dermatol 2006; 24(6): 486–92.
6 Amber KT, Valdebran M, Makdisi J et al. A case of photodistributed multicentric reticulohistiocytosis: correlation with multiphoton microscopy imaging. J Dtsch Dermatol Ges 2018; 16(6): 781–3.
7 Nicol C, Quereux G, Renaut JJ et al. Histiocytose multicentrique paranéoplasique [Paraneoplastic multicentric reticulohistiocytosis]. Ann Dermatol Venereol 2011; 138(5): 405–8.
8 Trotta F, Castellino G, Lo Monaco A. Multicentric reticulohistiocytosis. Best Pract Res Clin Rheumatol 2004; 18(5): 759–72.
9 Rendon A, Enk A, Toberer F. Atypical presentation of paraneoplastic multicentric reticulohistiocytosis associated with breast cancer relapse. J Dtsch Dermatol Ges 2019; 17(7): 746–8.
10 Yamamoto T. Skin manifestation associated with multicentric reticulohistiocytosis. J Clin Rheumatol 2020; 28: e234–e238.
11 Niaki OZ, Penn E, Scott DA et al. Treatment of severe multicentric reticulohistiocytosis with upadacitinib. JAMA Dermatol 2021; 157(6): 735–7.
12 Bruscas Izu C, Hörndler Argarate C, García Latasa de Araníbar FJ. Multicentric reticulohistiocytosis: A case report treated with tofacitinib. Reticulohistiocitosis multicéntrica. A propósito de un caso tratado con tofacitinib. Med Clin (Barc) 2021; 156(6): 310–1.

Die Diagnosequizze werden uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom 
"Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft" © Deutsche Dermatologische Gesellschaft