Interview: Chancen und Herausforderungen sozialer Medien in der Dermatologie

Soziale Medien spielen in der heutigen Welt eine zunehmend wichtige Rolle – auch in der Medizin. Plattformen wie Instagram, TikTok und YouTube verändern nicht nur die Art und Weise, wie Patienten Informationen konsumieren, sondern auch, wie Ärzte sich selbst präsentieren, Wissen teilen und mit der Öffentlichkeit interagieren. Doch was bedeutet das für die Dermatologie? 

Im Rahmen der spannenden Session „Social Media – Eine Pro-und-Contra-Debatte“ freuen wir uns, mit der renommierten amerikanischen Dermatologin Dr. Fabbro zu sprechen. Mit ihrer Erfahrung sowohl in der klinischen Praxis als auch im Umgang mit digitalen Kanälen gibt sie wertvolle Einblicke in die Chancen, aber auch die Risiken der sozialen Medien. Im Interview mit Benjamin von JuDerm spricht Dr. Fabbro über Verantwortung, Authentizität und darüber, wie man den schmalen Grat zwischen Information, Aufklärung und Selbstvermarktung meistert. 

JuDerm: Welche ethischen Verpflichtungen haben Ärztinnen und Ärzte bei der Nutzung sozialer Medien? 
Dr. Fabbro: Laut der American Medical Association (AMA) gibt es viele potenzielle Vorteile für Ärztinnen und Ärzte, sich in sozialen Medien zu engagieren – beispielsweise um das Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung zu stärken oder gängige Mythen, die dort kursieren zu entkräften. Ärzte müssen sich jedoch mehrerer Aspekte der Patienteninteraktion bewusst sein. Sie sollten klare Grenzen zu Patienten wahren und eine strikte Trennung zwischen privaten und beruflichen Inhalten einhalten. Es wird außerdem empfohlen, spezielle Plattform-Tools zu nutzen, um die unerwünschte Weitergabe persönlicher Informationen zu verhindern. Die AMA ermutigt auch dazu, unprofessionelles Verhalten von Kollegen zu melden, wenn Inhalte gegen professionelle Standards verstoßen oder erhebliche Interessenkonflikte darstellen. 

JuDerm: Wie kann die Privatsphäre von Patientinnen und Patienten geschützt werden? 
Dr. Fabbro: Wenn Patientendaten zur Veranschaulichung eines Falls verwendet werden, dürfen keine identifizierenden Merkmale ohne ausdrückliche schriftliche Einwilligung verwendet werden. Selbst anonymisierte Informationen können unter bestimmten Umständen zur Identifikation führen. Es wird auch diskutiert, ob Patienten für die Nutzung ihres Bildes in sozialen Medien entschädigt werden sollten – manche Ethiker sehen darin ein mögliches Risiko, besonders für vulnerable Gruppen, die sich sonst nicht beteiligen würden. 

JuDerm: Welche Risiken gehen Ärztinnen und Ärzte mit ihrer Aktivität in sozialen Medien ein? 
Dr. Fabbro: Sie müssen sich ihrer professionellen Außenwirkung bewusst sein und erkennen, dass ihr Online-Verhalten ihren Ruf schädigen, das Vertrauen in den Berufsstand untergraben und ihre Karriere negativ beeinflussen kann. Ärzte sollten ihre Online-Präsenz regelmäßig überprüfen und bedenken, dass Inhalte, einmal online gestellt, dauerhaft zugänglich sein können – selbst bei aktivierten Datenschutzeinstellungen, die nie vollkommen sicher sind. 

JuDerm: Sollten sich Ärztinnen und Ärzte zu politischen oder gesellschaftlichen Themen äußern? 
Dr. Fabbro: Es ist schwer zu sagen, ob Ärztinnen und Ärzte sich verpflichtet fühlen sollten, sich öffentlich zu äußern. Während der COVID-Pandemie wurden einige Ärzte, die sich pro Impfung engagierten, öffentlich angefeindet und gefährdet. Dennoch haben Ärzte als öffentliche Personen die berufliche Verantwortung, aufzuklären und gegen Falschinformationen vorzugehen. Aus ethischer Sicht gilt: Wenn sich eine Ärztin oder ein Arzt sicher fühlt, über ein Thema zu sprechen, sollte sie oder er das auch tun. 

JuDerm: Wann und in welchem Rahmen ist ärztliches Engagement angemessen? 
Dr. Fabbro:  Wenn es der öffentlichen Gesundheit und dem Wohl der Patientenschaft dient, die professionellen Grenzen und das Vertrauen dieser gewahrt bleiben und wenn es um die Unterstützung von Gesundheitsgerechtigkeit und sozialen Determinanten von Gesundheit geht – dann ist es angemessern. Wer sich nicht als Einzelperson äußern möchte, kann dies im Rahmen von Berufsverbänden auf Landes- oder kommunaler Ebene tun. 

JuDerm: Welche Risiken bestehen für öffentlich engagierte Ärztinnen und Ärzte? 
Dr. Fabbro: Sie könnten Patienten verlieren, die anderer Meinung sind oder gezielt nach neutralen oder gegensätzlichen Haltungen suchen. Arbeitgeber, Kollegen, Patienten und Aufsichtsbehörden könnten öffentliche Beiträge kritisch bewerten, was langfristige, negative Auswirkungen auf die Karriere haben kann. 

JuDerm: Welche Arten von Aussagen gelten als unprofessionell? 
Dr. Fabbro:
Die Verbreitung von Falschinformationen oder die Darstellung persönlicher Meinungen als gesicherte medizinische Fakten – besonders ohne entsprechende Hinweise – ist unprofessionell und potenziell schädlich. Ebenso unprofessionell ist es, Arbeitgeber, Kollegen oder Institutionen unsachlich zu kritisieren oder Beschwerden öffentlich zu äußern, die besser über offizielle Kanäle adressiert würden. Die Bewerbung von Produkten ohne eindeutige wissenschaftliche Belege und ohne Offenlegung etwaiger Interessenkonflikte kann als Kommerzialisierung der ärztlichen Rolle verstanden werden. 

JuDerm: Wie sollten Ärztinnen und Ärzte mit Interessenkonflikten umgehen? 
Dr. Fabbro:
Sie sollten transparent mit Interessenkonflikten umgehen – insbesondere, wenn sie zu einem Thema posten, das damit zusammenhängt. Gegebenenfalls ist es ratsam, auf Beiträge zu diesem Thema ganz zu verzichten. 

JuDerm: Wie können Ärztinnen und Ärzte medizinischer Fehlinformation im Netz effektiv entgegentreten? 
Dr. Fabbro:
Indem sie Themen auf eine ansprechende, aber dennoch sachlich korrekte Weise präsentieren. Medienanalysen zeigen, dass Patienten sich eher für Inhalte von charismatischen Influencern interessieren als für klassische Experten. Studien zeigen zudem, dass Beiträge von Ärzten oft weniger Aufmerksamkeit erhalten – möglicherweise, weil sie weniger Erfahrung mit der Content-Erstellung haben. Um also eine möglichst große Reichweite zu erzielen, sollten Ärzte Inhalte erstellen, mit denen Menschen gerne interagieren. Viele Fachgesellschaften bieten inzwischen Empfehlungen dafür an, wie Ärzte effektiv in sozialen Medien posten können. 

Vielen Dank liebe Frau Dr. Fabbro für das informative Interview!


Euer Benjamin