Diagnose

Diagnose: Acrodermatitis chronica atrophicans

Weiterührende Diagnostik
Serologische Untersuchungen auf Lyme-Borreliose wurden durchgeführt. Borrelien-IgG-Antikörper (490 U/ml) waren mittels Enzymimmunoassay (ELISA) nachweisbar, während IgM-Antikörper negativ waren. Das positive Ergebnis wurde mittels Immunoblot, welcher eine positive Reaktion auf verschiedene Antigene (p100, VlsE, p58, p41, p39, p18) zeigte, bestätigt. Die Ergebnisse der Polymerasekettenreaktion (PCR) auf Borrelia burgdorferi aus einer Hautbiopsie waren jedoch negativ.

Therapie und Verlauf
Es wurde eine intravenöse Therapie mit Ceftriaxon 2 g/Tag für 21 Tage empfohlen. Weiterhin wurden eine klinische Verlaufskontrolle nach drei Monaten und eine orientierende neurologische Untersuchung vorgeschlagen.

Diskussion
Die Lyme-Borreliose ist eine häufi ge durch Zecken übertragene Erkrankung [1, 2]. Die Acrodermatitis chronica atrophicans, eine fortschreitende fibrosierende Hauterkrankung, charakterisiert das dritte Stadium der Lyme-Borreliose (unpublizierte Daten der überarbeiteten AWMF [Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften]-Leitlinie, [3, 4]). Sie wurde erstmals 1883 von Buchwald beschrieben und 1902 von Herxheimer als Acrodermatitis chronica atrophicans bezeichnet [5, 6]. Der häufigste Erreger der ACA ist die Spirochäte Borrelia afzelii [7]. Die ACA beginnt für gewöhnlich mit einer ödematösen Phase, die durch bläulich-rote Hautläsionen vorzugsweise an den Streckseiten der distalen Extremitäten gekennzeichnet ist [3]. Erythematöse Schwellung der Haut und Ödem können in diesem entzündlichen Stadium auftreten. Da die ACA nicht spontan ausheilt, wird diese entzündliche Phase häufig von einem atrophischen Stadium gefolgt, welches mit dem Auftreten sklerotischer Plaques und gelenknaher fibroider Knoten einhergehen kann [3, 8]. Die ACA beginnt typischerweise mit einseitigen Läsionen, während bilaterale oder ausgedehnte Läsionen sich im weiteren Verlauf entwickeln können [3, 9]. In ungefähr 50 % der Fälle geht damit eine assoziierte periphere sensorische Polyneuropathie, charakterisiert durch Parästhesien und Allodynie, einher (unpublizierte Daten der überarbeiteten AWMF-Leitlinie). Bezüglich des aktuellen Falls beinhalteten unsere Differenzialdiagnosen atypische klinische Manifestationen von Frostbeulen, Hitzeschäden, eine subkutane Sarkoidose, Bursitis und Dermatitis artefacta. Für die Diagnostik wird initial ein ELISA oder indirekter Immunfluoreszenztest
(IFT) empfohlen (unpublizierte Daten der überarbeiteten AWMF-Leitlinie, [3]). Anschließend müssen die positiven Ergebnisse von einem nachfolgenden Westernblot bestätigt werden, wobei ein breites Bandenmuster, welches Reaktionen gegen Spätphase-Antigene beinhaltet, auf ein fortgeschrittenes Stadium der Lyme-Borreliose hinweist [unpublizierte Daten der überarbeiteten AWMF-Leitlinie]. Im Falle widersprüchlicher diagnostischer Befunde wird ein Direktnachweis von Borrelien-DNA mittels PCR oder Kultur empfohlen. Die diagnostische Sensitivität der PCR wird mit etwa 70 % angegeben, daher schließen negative Ergebnisse eine Infektion nicht aus (unpublizierte Daten der überarbeiteten AWMF-Leitlinie, [10]). Die Histopathologie der frühen Phase ist charakterisiert durch die Präsenz teleangiektatischer Gefäße und ein entzündliches Infiltrat aus Lymphozyten und Plasmazellen [3]. Eine granulomatöse Dermatitis mit histiozytären Pseudorosetten wurde bei kutaner Borreliose beschrieben [11]. Später kann dann eine Atrophie der Dermis mit Rarefi zierung elastischer Fasern auftreten [ 3 ] . Die fibroiden Knoten sind charakterisiert durch subkutane Kollagenbündel.
Die empfohlene Erstlinientherapie der ACA ist orales Doxycyclin für vier Wochen. Eine intravenöse Therapie wird empfohlen bei ACA mit neurologischen Symptomen [unpublizierte Daten der überarbeiteten AWMF-Leitlinie]. Im späten atrophischen Stadium sind die Hautveränderungen jedoch irreversibel. Hier wird ein Fall einer frühen ACA mit dem sehr ungewöhnlichen Merkmal einer schon zu Beginn bilateralen Manifestation präsentiert. Aufgrund der charakteristischen histologischen Befunde und des breiten Bandenmusters im Westernblot wurde die Diagnose ACA untermauert und eine antibiotische Therapie empfohlen.

Interessenkonflikt
Keiner.

Literatur
1 Aberer E. Lyme borreliosis – an update . J Dtsch Dermatol Ges 2007 ; 5 ( 5 ): 406 – 14 .
2 Hofmann H . Variabilität der kutanen Lyme-Borreliose, Diagnostik und Therapie . Hautarzt 2012 ; 63 : 381 – 9.
3 Chodynicka B , Schwartz RA , Flisiak I et al. Acrodermatitis chronica atrophicans . Medscape Reference 2014 . emedicine.medscape.com/article/1051695-overview (accessed 12/2015).
4 Leslie TA , Levell NJ , Cutler SJ et al. Acrodermatitis chronica atrophicans – a case report and review of the literature . Br J Derm 1994 ; 131 : 687 – 93.
5 Buchwald A. Ein Fall von diffuser idiopathischer Haut-Atrophie . Vjschr Derm 1883 ; 10 ; 553 – 6.
6 Herxheimer K. Hartmann K. Über Akrodermatitis chronica atrophicans . Arch Dermatol 1902 ; 61 : 57 – 76.
7 Brandt FC , Ertas B , Falk TM et al. Histopathology and immunophenotype of acrodermatitis chronica atrophicans correlated with ospA and ospC genotypes of Borrelia species . J Cutan Pathol 42 ( 10 ): 674 – 92.
8 Kluge K , Krahl D , Kramer K et al. Juxta-artikuläre fibroide Knoten und Acrodermatitis chronica atrophicans bei Lyme Borreliose im Spätstadium . Hautarzt 2000; 51 : 345 – 8.
9 Halperin JJ. Lyme disease: an evidence based approach . CABI 2011 ; 142 – 3.
10 Wilske B , Zöller L , Lütticken R et al. Lyme-Borreliose . In: Qualitätsstandards in der mikrobiologisch-infektiologischen Diagnostik . München, Jena : Urban & Fischer Verlag , 2000 : 1 – 59.
11 Moreno C , Kutzner H , Palmedo G et al. Interstitial granulomatous dermatitis with histiocytic pseudorosettes: a new histopathologic pattern in cutaneous borreliosis. Detection of Borrelia burgdorferi DNA sequences by a highly sensitive PCR-ELISA. J Am Acad Dermatol 2003 ; 48 : 376 – 84.

 

<< zurück

Die Diagnosequzze werden uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom 
"Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft" © Deutsche Dermatologische Gesellschaft