Diagnose

Diagnose:

Bullöses Sweet-Syndrom

Weitere diagnostische Abklärung

Die Patientin wies keine Anzeichen oder Symptome einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung auf. Serologische Untersuchungen zur Abklärung einer infektiosen Ursache ergaben lediglich erhöhte Epstein-Barr-Virus-IgG-Titer ohne Nachweis von IgM im Sinne einer stattgehabten Infektion. In der Proteinelektrophorese fiel eine Erhöhung der Alpha-1- und Alpha-2-Globuline auf. Die Analyse der Lymphozytensubpopulationen zeigte einen Mangel von CD19+-Lymphozyten (45/μl; Normbereich 100–500/μl) und CD8+-Lymphozyten (39/μl, Normbereich 200–900/μl) bei einem Verhältnis von CD4+- zu CD8+-Lymphozyten von 21,48 (Normbereich 1,0–3,6). Im Ultraschall der zervikalen Lymphknoten waren akut reaktiv vergrößerte Lymphknoten mit einer Größe von bis zu 1,2 cm sichtbar. Das Vorhandensein einer monoklonalen Gammopathie wurde mittels Serumelektrophorese und Immunfixation ausgeschlossen. Die Patientin entließ sich gegen ausdrücklichen ärztlichen Rat, so dass keine weiteren Untersuchungen durchgefuhrt werden konnten.

Therapie

Durch die Gabe von systemisch (p.o.) appliziertem Prednisolon in einer Dosierung von 1,5 mg pro Kilogramm Körpergewicht kombiniert mit topischer Therapie (topische Glukokortikosteroide der Klasse III) konnte innerhalb von drei Tagen eine deutliche Besserung des Hautbefundes erreicht werden. Die Patientin berichtete von einer vollständigen Rückbildung der Läsionen innerhalb von vier Wochen unter stufenweiser Reduktion der Anwendung des topischen und systemischen Glukokortikosteroids unter ambulanter hausärztlicher Kontrolle.

Diskussion

Die akute febrile neutrophile Dermatose wurde im Jahr 1964 erstmalig von R. D. Sweet beschrieben und durch das Auftreten von Fieber, peripherer Neutrophilie, schmerzhaften Plaques an den Extremitäten, dem Nacken und dem Gesicht charakterisiert. Begleitende histopathologische Kriterien stellen das Auftreten eines dichten dermalen Infiltrates aus reifen neutrophilen Granulozyten ohne Anzeichen einer Vaskulitis dar [1]. Das Sweet-Syndrom wird generell in drei Kategorien unterteilt: das klassische/idiopathische, das Malignom-assoziierte und das medikamentos-induzierte Sweet-Syndrom. Zusätzlich wurden Verteilungsvarianten zum Beispiel die neutrophile Dermatose der Handrücken beschrieben [2]. Die Diagnosekriterien wurden mehrfach überarbeitet und bestimmte konstante (Major) und variable (Minor) Kriterien vorgeschlagen. Die Major-Kriterien umfassen das plötzliche Auftreten von schmerzhaften oder schmerzempfindlichen Papeln, Plaques oder Knötchen, hervorgerufen durch ein dichtes, dermales, neutrophilenreiches Infiltrat. Vorgeschlagene Minor-Kriterien sind unter anderem das Auftreten von Fieber (> 38,0°C), atypische Hautveränderungen, bestimmte histopathologische Merkmale wie das Vorhandensein oder Fehlen einer leukozytoklastischen Vaskulitis und laborchemische Parameter zum Beispiel ein erhöhtes C-reaktives Protein und Neutrophilie [3].

Bis zum heutigen Tag wurden lediglich 27 Falle eines bullösen Sweet-Syndroms beschrieben. Die aktuellsten Fallberichte schildern das Auftreten nach Exposition mit radiojodhaltigem Kontrastmittel [4] oder in Assoziation mit chronisch lymphatischer Leukämie [5]. Im Hinblick auf die klinische und histopathologische Darstellung unseres Falles erfüllte die Patientin zwei Major- und zwei Minor-Kriterien der überarbeiteten Diagnosekriterien. Sowohl die Beschwerden der Patientin als auch ihre Vorgeschichte und die laborchemischen Paramater ergaben keinen Hinweis auf das Vorliegen einer infektiosen Ursache; die Einnahme von Medikamenten wurde negiert. In einer vor kurzem publizierten retrospektiven Analyse von 83 Patienten mit Sweet-Syndrom wurden folgende auf eine paraneoplastische Genese hinweisende klinische Charakteristika postuliert: Leukopenie, Anämie, Thrombozytopenie, Fehlen von Arthralgie sowie histiozytäre oder subkutane histologische Prasentation [6]. Obwohl unsere Patientin drei der genannten Faktoren erfüllte, ergaben die durchgeführten Untersuchungen keinen Anhalt fur das Vorliegen eines Malignoms, wobei der Untersuchungsumfang durch die Entlassung gegen ärztlichen Rat limitiert war.

Die  therapeutischen Optionen nach Diagnose eines Sweet-Syndroms umfassen in der Erstlinientherapie systemische Glukokortikosteroide, Colchicin und Kaliumjodid. Zur Zweitlinientherapie zählen Clofazimin, Ciclosporin, Dapson und Indometacin [7]. In dem von uns beschriebenen Fall eines bullosen Sweet-Syndroms war die Erstlinientherapie mit systemischen Glukokortikosteroiden erfolgreich.

Zusammenfassend berichten wir von einem ausgeprägten generalisierten Fall eines bullösen Sweet-Syndroms. Auf Grund eines möglichen paraneoplastischen Auftretens eines Sweet-Syndroms sollte bei dieser Diagnose eine symptomorientierte und altersadaptierte Diagnostik zum Ausschluss eines Malignoms erfolgen.

Interessenkonflikt

Keiner

Literatur

1 RD. An acute febrile neutrophilic dermatosis. Br J Dermatol 1964; 76: 349–56.

2 Hirai I, Sakiyama T, Konohana A et al. A case of neutrophilic dermatosis of the dorsal hand in acute leukemia – a distributional variant of Sweet’s syndrome. J Dtsch Dermatol Ges 2015; 13(10): 1033–4.

3 Nofal A, Abdelmaksoud A, Amer H et al. Sweet’s syndrome: diagnostic criteria revisited. J Dtsch Dermatol Ges 2017; 15(11): 1081–8.

4 Bhat AG, Siddappa Malleshappa SK, Pasupula DK et al. Bullous variant of Sweet’s syndrome as a consequence of radioiodine contrast exposure. Cureus 2018; 10(10): e3490.

5 Smith CR, Williams P. Sweet’s syndrome in a patient with chronic lymphocytic leukaemia. BMJ Case Rep 2017; 2017. pii: bcr-2017-220317.

6 Nelson CA, Noe MH, McMahon CM et al. Sweet syndrome in patients with and without malignancy: A retrospective analysis of 83 patients from a tertiary academic referral center. J Am Acad Dermatol 2018; 78(2): 303–9 e4.

7 Anzalone CL, Cohen PR. Acute febrile neutrophilic dermatosis (Sweet’s syndrome). Curr Opin Hematol 2013; 20(1): 26–35.

Die Diagnosequizze werden uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom 
"Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft" © Deutsche Dermatologische Gesellschaft