Diagnose

Diffus kutane Mastozytose, bullöse Variante

Weiterführende Diagnostik und Therapie
Eine Erhöhung der Serum-Tryptase (134 μg/l, Normwert <11,4 μg/l) sowie eine deutliche Positivität des monomorphen Zellinfiltrates in Anti-CD-117- und Mastzelltryptase-Färbungen bestätigten die Diagnose Mastozytose. Molekularbiologisch konnte eine Mutation im Exon 17 des c-KIT-Gens (Asp816Val) nachgewiesen werden. Weitere Laboruntersuchungen sowie eine Abdomensonografie zum Ausschluss einer Systembeteiligung waren unauffällig. Die Durchführung einer Knochenmarkspunktion (bei Tryptasewerten >100 μg/l auch bei Kindern empfohlen [1]) wurde von den Eltern des Kindes abgelehnt. Es wurde eine symptomatische Therapie mit oralem Dimetinden sowie antiinflammatorischen und antibakteriellen Topika (Methylprednisolonaceponat, Fusidinsäure) initiiert. Hierdurch konnte innerhalb von zwei Monaten eine Remission der Blasenbildung erreicht werden. Den Eltern wurde nach entsprechender Instruktion ein Notfallset bestehend aus oralem Betamethason und Dimetinden sowie Epinephrin-Injektor und kombiniertem Fenoterol/ Ipratropium-Inhalator ausgehändigt. Sie wurden weiters umfassend über potenzielle Mediatorliberatoren (abrupte Temperaturwechsel, emotionale Erregung, Infekte, Narkosen, Impfungen, Opiate etc.) aufgeklärt. Regelmäßige klinische sowie laborchemische Kontrollen sind avisiert.
 

Kommentar
Bullöse Hautläsionen bei Neugeborenen oder Säuglingen können ob ihres breiten ätiopathogenetischen Spektrums (infektiös, hereditär, autoimmunologisch, metabolisch etc.) eine diagnostische Herausforderung im dermatologischen Alltag darstellen, weshalb sich die Anwendung eines Diagnosealgorithmus als besonders nützlich erweist (Abbildung 2) [2].

Unter Berücksichtigung der klinischen Differenzialdiagnosen – wie z. B. bullöse Impetigo, virale Infektionen (z. B. Herpes simplex), Epidermolysis bullosa, lineare IgA-Dermatose und Incontinentia pigmenti – waren im vorliegenden Fall letztendlich die detaillierte klinisch-anamnestische Korrelation, die (Immun-)Histologie sowie die erhöhte Serum-Tryptase diagnostisch wegweisend. Auch die von den Eltern beobachtete mechanische Evozierbarkeit und Schwellneigung der Hautläsionen im Sinne eines inzidentiell positiven Darier-Zeichens waren ein wertvoller klinischer Hinweis im Rahmen der Diagnosefindung.

Die kutane Mastozytose (KM) – definiert als isolierte Vermehrung von Mastzellen in der Haut ohne Systembeteiligung – wird laut WHO-Klassifikation in drei Formen unterteilt: die makulopapulöse KM (vormals Urticaria pigmentosa), die diffus-kutane Mastozytose und das solitäre kutane Mastozytom [3]. Die Prognose der KM ist insbesondere bei Auftreten im Kindesalter im Allgemeinen günstig: Hier ist unter symptomatischer Therapie ein benigner, selbstlimitierender Verlauf üblich, während ein Organbefall bzw. eine maligne Entartung nur selten vorkommen [4]. Lediglich im Rahmen der seltenen diffus-kutanen Mastozytose (DKM) ist bei entsprechend hoher Zelllast ein häufigeres Auftreten von Mastzellmediator-bedingten Symptomen bis hin zum anaphylaktischen Schock beschrieben [5]. Neben der bullösen Form der DKM wird eine zweite klinisch Variante mit diffus gelb-orangen, Xanthogranulom- artigen Hautinfiltrationen beschrieben [6]. Aufgrund der massiven Hautinfiltration durch Mastzellen ist die DKM häufig durch erhöhte Tryptasewerte gekennzeichnet. Eine positive Korrelation zwischen der Höhe des Tryptase-Wertes und der Wahrscheinlichkeit des Auftretens und des Ausprägungsgrades von anaphylaktischen Reaktionen wird postuliert [7]. Bis zur Pubertät kommt es jedoch bei den meisten betroffenen Kindern zur Normalisierung der Serum-Tryptase sowie zu klinischer Erscheinungsfreiheit.

Eine kausale Therapie der KM existiert im Moment nicht. Besonderes Augenmerk muss daher auf eine ausführliche Patientenaufklärung gelegt werden. Die symptomatische Therapie besteht wie beschrieben aus Antihistaminika und bedarfsadaptierter Lokaltherapie. Anekdotisch wird von therapierefraktären Fällen berichtet, in denen der Tyrosinkinaseinhibitor Imatinib erfolgreich eingesetzt wurde [8]. Die bei (systemischer) Mastozytose häufigste und auch bei unserem Patienten vorliegende c-KIT-Mutation (Asp816Val) bewirkt jedoch eine therapeutische Imatinib Resistenz [9].


Danksagung
Wir möchten uns bei Herrn Dr. Rudolf Hametner für die Bereitstellung und Bearbeitung der verwendeten Fotografien herzlich bedanken.


Interessenkonflikt
Keiner.

 

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