Diagnose

Alopecia mechanica

Diskussion

Die mechanische Alopezie ist eine Form des nichtvernarbenden Haarausfalls, die zumeist bei immobilisierten Patienten oder nach prolongierten chirurgischen Eingriffen infolge der chronischen Druckeinwirkung auf die Kopfhaut auftritt. Üblicher Manifestationsort ist ein bestimmtes Kopfhautareal im Bereich des Hinterkopfs, dem lokale Empfindlichkeit oder eine Schwellung vorausgehen kann. Obwohl die Pathogenese nicht vollständig geklärt ist, geht man von ischämischen Kopfhautveränderungen als Ursache aus, welche durch weitere externe Einflüsse zusätzlich verstärkt werden können [ 1 ]. Obwohl es bei dieser Erkrankung üblicherweise nicht zu Vernarbungen kommt, können prolongierte ischämische Phasen zu Gewebsnekrosen, Follikelverlust und einer resultierenden vernarbenden Alopezie führen [ 2 ]. Die Früherkennung der Erkrankung trägt wesentlich zu einer Vermeidung einer Vernarbung bei und ist daher für dieses Krankheitsbild von entscheidender Bedeutung.

Die Alopecia areata ist eine verbreitete Autoimmunerkrankung, bei der es zu nichtvernarbenden Haarverlusten kommt. Üblicherweise treten mehrere Areale eines umschriebenen Haarverlustes bevorzugt am Hinterkopf auf, wobei eine Häufung bei jungen Erwachsenen beobachtet wird, und Stresssituationen das Krankheitsbild bisweilen verschlimmern können [ 3 ].

Der vorliegende Fall zeigt auf, wie schwierig es ist, eine Alopecia areata differenzialdiagnostisch von der Alopecia mechanica abzugrenzen, besonders in Fällen mit untypischem klinischen Erscheinungsbild und mehreren vom Haarverlust betroffenen Regionen. Dies ist vermutlich auch die Ursache für die unklaren Begrifflichkeiten in der medizinischen Fachliteratur, in der zuweilen von postoperativer Alopecia areata [ 4 ] oder druckinduzierter (pressure-potential) Alopecia areata [ 5 ] die Rede ist.

Eine weitere wichtige Differenzialdiagnose bei Patienten mit fleckförmigem Haarausfall an mehreren Stellen ist die Trichotillomanie [ 6 ]. Unseres Wissens ist dies der erste berichtete Fall, in dem die Dermatoskopie differenzialdiagnostisch zum Einsatz kam. Einige dermatoskopischen Befunde glichen denen bei Trichotillomanie, während sogenannte Flammen- oder Tulpenhaare oder V-Zeichen nicht nachweisbar waren [ 7 ] . Einige der bei Alopecia mechanica typischen Befunde, wie schwarze und/oder gelbe Punkte und kurze Vellushaare, kommen auch bei Alopecia areata vor [ 8 ] . Eine Unterscheidung ist anhand des Fehlens von „Ausrufezeichen-Haaren“, Pseudomonilethrix oder weißer Telogenhaare möglich. Bei mechanischen Alopezie kommt es nicht zu sicheren histologischen Zeichen [ 1 ], und die Befunde unterscheiden sich je nach Krankheitsstadium [ 9 ].

Im vorliegenden Fall waren ein erhöhtes Telogen-Anagen-Verhältnis und das Fehlen von Entzündungszeichen die wesentlichen histologischen Befunde. Bei der Alopecia areata hingegen sind Entzündungszeichen typisch, besonders während der akuten Phase, die sich graduell beim Übergang in die chronische Phase zurückbilden [ 3 ]. Eine histologische Untersuchung ist daher geeignet, um eine Druckalopezie von der Alopecia areata zu unterscheiden [ 10 ].

Die rechtzeitige Diagnose der Druckalopezie ist von entscheidender Bedeutung, wenn eine Vernarbung vermieden werden soll. Polster oder Lagerungshilfen sollten in solchen Fällen umgehend zum Einsatz kommen. Obwohl die Diagnose der mechanischen Alopezie in der Regel nicht schwierig ist, kann das klinische Erscheinungsbild gelegentlich untypisch sein. Wir zeigten anhand des beschriebenen Falles die diagnostischen und differenzialdiagnostischen Vorteile der Dermatoskopie auf, so dass ggf. invasivere diagnostische Methoden wie Hautbiopsien, vor allem auch bei Kindern, vermieden werden können und die Diagnosestellung beschleunigt werden kann.

Interessenkonflikt
Keiner.

Literatur
1 Davies KE, Yesudian P. Pressure alopecia . Int J Trichology 2012; 4 : 64 – 8.
2 Gormley TP, Sokoll MD. Permanent alopecia from pressure of a head strap. JAMA 1967; 199 : 747 – 8.
3 Alkhalifah A, Alsantali A, Wang E et al. Alopecia areata update: part I. Clinical picture, histopathology, and pathogenesis. J Am Acad Dermatol 2010; 62 : 177 – 88, quiz 89–90.
4 Khalaf H, Negmi H, Hassan G, Al-Sebayel M. Postoperative alopecia areata: is pressure-induced ischemia the only cause to blame? Transplant Proc 2004; 36 : 2158 – 9.
5 Zuehlke RL, Bishara S, Price V. Pressure-potential alopecia areata. Am J Orthod 1981; 79 : 437 – 8.
6 Duke DC, Keeley ML, Geffken GR, Storch EA. Trichotillomania: A current review. Clin Psychol Rev 2010; 30 : 181 – 93

 

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