Diagnose

Diagnose:

Frühsyphilis (Stadium II)

Therapie und Verlauf
Aufgrund der Laborergebnisse wurde eine ausführliche Sexualanamnese bei der Patientin erhoben, wobei der letzte Sexualkontakt mehr als drei Jahre zurücklag; in einer kurz dauernden Beziehung vor einem halben Jahr sei laut Patientin „lediglich intensiv geküsst“ worden. Der Erhalt von Blutprodukten wurde negiert. Weitere (Kontakt-)Personen waren nicht betroffen. Die Patientin wurde über die Ansteckung aufgeklärt. Aufgrund der laborchemisch verifizierten und klinisch einem Stadium II entsprechenden Lues, erhielt die Patientin gemäß den aktuell gültigen Leitlinien 2,4 Mio. IE Benzathin-Benzylpenicillin intramuskulär ventrogluteal als Einzeldosis verabreicht. Weitere sexuell übertragbare Erkrankungen (Hepatitis B und C sowie HIV) konnten laborchemisch ausgeschlossen werden. Abstriche wurden von der Patientin abgelehnt. Einen Monat nach Therapie zeigte sich das Exanthem deutlich abgeblasst und im Labor fand sich bereits ein deutlicher Rückgang des RPR-Titers auf 1 : 16.

Diskussion
Die Syphilis ist eine komplexe bakterielle Systemerkrankung, die durch die obligat humanpathogene Spirochäten-Art Treponema pallidum verursacht wird und in Österreich bedingt meldepflichtig und in Deutschland nicht-namentlich meldepflichtig ist. Die Übertragung erfolgt fast ausschließlich sexuell, seltener diaplazentar oder durch Bluttransfusionen [1–6]. Im Jahr 2018 wurden vom Europäischen Zentrum für Prävention und Kontrolle von Infektionen (ECDC) 33.927 Infektionen gemeldet, wovon 7.328 Fälle aus Deutschland kamen [2]. Die Diagnose wird meist anhand der Kombination aus typischer Klinik, Laborparametern und manchmal durch direkten Erregernachweis gestellt [4]. Die Syphilis verläuft in Stadien. Sie wird unterteilt in die infektiöse Frühsyphilis (primäre und sekundäre Syphilis sowie die Frühlatenz) und die Spätsyphilis (spätlatente Syphilis und tertiäre Syphilis) [3, 4]. Im Rahmen des Primärstadiums entwickelt sich am Ort des Sexualkontakts (meist anogenital) der sogenannte Primäraffekt, das Ulcus durum; ein typischerweise derbes, schmerzloses, oberflächliches Ulkus, das von einer regionalen Lymphadenopathie (Primärkomplex) begleitet wird. Die spontane Abheilung erfolgt in der Regel nach 2–3 Wochen [3, 4]. Im Sekundärstadium kommt es zu einer Bakteriämie. Dieses hochinfektiöse Stadium ist durch seine enorme klinische Vielfalt gekennzeichnet, wodurch es nicht selten zu einer Verzögerung der Diagnosestellung kommen kann. Typischerweise finden sich ein nicht juckendes, Roseola-artiges Exanthem sowie meist auch weitere mukokutane Läsionen, unter anderem die Clavi syphilitici, die Alopecia areolaris specifica, Condylomata lata oder die Angina specifica. Darüber hinaus tritt oftmals eine generalisierte Lymphknotenschwellung auf. Unspezifische Allgemeinsymptome sind möglich [3, 4]. Die latente Syphilis zeigt keine klinischen Zeichen, ist allerdings seropositiv. Im deutschsprachigen Raum wird die Grenze laut Center for Disease Control and Prevention (CDC) bei einem Jahr post infectionem gezogen [6]. Das mittlerweile sehr selten gewordene nichtinfektiöse Tertiärstadium ist durch den Befall verschiedener Organe gekennzeichnet [3, 4, 6]. Penicilline sind in allen Stadien die Therapie der Wahl. Eine Resistenzentwicklung auf Benzathin-Penicillin wurde bisher nicht beobachtet [4–7]. Makulöse/makulopapulöse Exantheme können bei vielen Dermatosen auftreten und sind ein häufiger Grund für die Vorstellung beim Allgemeinmediziner oder Dermatologen. Häufige klinische Differenzialdiagnosen makulös-makulopapulöser Exantheme sind in Tabelle 1 aufgelistet. Bei unklaren persistierenden oder undulierenden Exanthemen, insbesondere wenn sie resistent gegenüber jeglicher Lokaltherapie sind, sollte auch an eine Syphilis gedacht werden. Auch bei Patienten, bei denen aus verschiedenen Gründen (fortgeschrittenes Alter, wohnhaft in Seniorenheimen) nicht primär an eine sexuell übertragbare Erkrankung gedacht wird, sollte die Syphilis stets in die differenzialdiagnostischen Überlegungen einbezogen werden.

 

Interessenkonflikt
Keiner.

Literatur
1 Fritsch P, Schwarz T. Dermatologie und Venerologie. Grundlagen, Klinik, Atlas. 3. Auflage. Springer, 2018: 1056ff.
2 Surveillance Atlas of Infectious Diseases. Available from: atlas. ecdc.europa.eu/public/index.aspx. [Last accessed March 3, 2020].
3 Buder S, Schöfer H, Meyer T, Bremer V et al. Bakterielle sexuell übertragbare Infektionen. J Dtsch Dermatol Ges 2019; 17: 287–317.
4 Janier M, Hegyi V, Dupin N , Unemo M et al. 2014 European guideline on the management of syphilis. J Eur Acad Dermatol Venereol 2014; 28: 1581–93.
5 DSTIG. Syphilis. Available from: https://dstig.de/was-sindstdsti/ syphilis.html [Last accessed March 19, 2020].
6 ÖGSTD. Leitlinien. Available from: http://www.oegstd.at/ leitlinien.php [Last accessed June 9, 2020].
7 CDC. Syphilis – CDC fact sheet (Detailed) Available from: cdc. gov/std/syphilis/stdfact-syphilis-detailed.htm [Last accessed March 3, 2020].

Die Diagnosequizze werden uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom 
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