Diagnose

Diagnose: Kuhpockenvirusinfektion Cowpox infection

Diskussion
Anamnese, Klinik sowie die Ausbildung einer Nekrose (Schorf) ließen zunächst an folgende Differenzialdiagnosen denken: Tache noire bei einer Rickettsiose (Rickettsia spp.), Pustula maligna bei Hautmilzbrand (Bacillus anthracis), Pasteurellose (Pasteurella multocida) sowie Tularämie (Francisella tularensis). Physikalische Einwirkungen im Sinne von Verätzungen oder Verbrennungen konnten ausgeschlossen werden. Der prolongierte Verlauf bei nur gering gestörtem Allgemeinzustand der Patientin und das Nichtansprechen auf Penicillin V ließen diese Diagnosen unwahrscheinlich erscheinen. Diagnostisch zielführend war die elektronenmikroskopische Untersuchung des Schorfs mit Nachweis von Pockenviren mit der typischen ziegelsteinförmigen Morphologie. Der Nachweis eines Orthopoxvirus erfolgte durch Chordopoxvirinae-spezifische Primer (Orthopox- und Parapoxviren) in einer PCR mit nachfolgender Sequenzierung sowie ergänzend mit einer spezifischen Kuhpockenvirus- PCR. Damit war die Diagnose einer Infektion mit dem Kuhpockenvirus (CPXV) bewiesen [ 1 ] .

CPXV zählt wie das Variolavirus, das Vacciniavirus, das Kamelpockenvirus und das Affenpockenvirus zu den Orthopoxviren [ 2 ]. Der taxonomisch inkorrekte Begriff Katzenpocken für CPXV wird häufig synonym verwendet und weist auf die zunehmende Übertragung durch Katzen hin. Neben Katzen können auch Nagetiere wie Ratten, Lisztaffen, Präriehunde, Alpaka und Elefanten CPXV übertragen, weshalb auch eine Berufs- bzw. Reiseanamnese erhoben werden sollte [ 2–4 ].

Der Kuhpockenvirus weist nur eine geringe Infektiosität für den Menschen auf und wird nur durch direkten Kontakt mit Hautläsionen infizierter Tiere übertragen. Die Infektion ist weitgehend auf Europa und Westasien beschränkt und zeigt ein Inzidenz-Maximum im Herbst [ 5 ]. Die CPXV-Infektion hat in den letzten Jahren durch kleinere Epidemien an Bedeutung gewonnen [ 6 ]. Insbesondere wurden Fälle bei jüngeren Menschen dokumentiert [ 7, 8 ], bedingt auch durch eine fehlende Kreuzimmunität nach Beendigung der routinemäßigen Pockenimpfung 1979. Möglicherweise spielt auch die kürzlich beschriebene erhebliche genetische Varianz des Erregers eine Rolle [ 9 ].

Nach einer Inkubationszeit von 7 bis 12 Tagen finden sich zunächst Veränderungen wie bei der Orf-Krankheit oder den Melkerknoten, aber mit ausgeprägteren entzündlichen Veränderungen, einer Lymphadenopathie und unspezifischen Allgemeinsymptomen wie Arthralgien und Myalgien. Ältere Läsionen bilden einen Schorf und eine tiefe Ulzeration aus, die zu einer ausgeprägten Defektheilung führen können [ 7 ]; diese kann chirurgisch-plastische Eingriffe erfordern. Bei Patienten mit Morbus Darier, Atopikern oder Immundefizienten sind auch generalisierte und letale Verläufe beschrieben [ 2, 6, 10, 11 ]. Für die akute Diagnostik sind die Elektronenmikroskopie und die PCR mit anschließender Sequenzierung geeignet.

Die Erkrankung ist bei Immunkompetenten in den meisten Fällen lokalisiert und selbstlimitierend. Eine zugelassene antivirale Therapie existiert nicht. Um Übertragungen zu vermeiden, werden allgemeine Hygienemaßnahmen, die Abdeckung der Inokulationsstelle mit einem trockenen, nicht-okklusiven Wundverband und das Waschen der kontaminierten Kleidung bei mindestens 60 °C empfohlen. Die Patienten sollten auf den Schutz der Augen hingewiesen werden, um eine Inokulation der Kornea mit nachfolgender Keratitis zu vermeiden. Bei Komplikationen kann eine Therapie mit Cidofovir oder bei besonders schweren Verläufen die intravenöse Gabe von Immunglobulin-Präparaten erwogen werden [ 2, 6, 7 ]. Für humane Kuhpockenerkrankungen besteht derzeit keine Meldepflicht nach dem Infektionsschutzgesetz (lediglich für nosokomiale Übertragungen), so dass über die zeitliche und regionale Häufigkeit der Erkrankung beim Menschen nur wenig bekannt ist. Bei Berufsbedingtheit sollte eine Meldung nach BK 3102 erfolgen.

Interessenkonflikt
Keiner.

Literatur
1 Li Y, Meyer H, Zhao H, Damon IK. GC content-based pan-pox universal PCR assays for poxvirus detection. J Clin Microbiol 2010; 48( 1 ): 268 – 76.
2 Vorou RM, Papavassiliou VG, Pierroutsakos IN. Cowpox virus infection: an emerging health threat. Curr Opin Infect Dis 2008; 21( 2 ): 153 – 6 .
3 Appl C, von Bomhard W, Hanczaruk M et al. Feline cowpoxvirus infections in Germany: clinical and epidemiological aspects. Berl Münch Tierärztl Wochenschr 2013; 126( 1–2 ): 55 – 61.
4 Möstl K, Addie D, Belák S et al. Cowpox virus infection in cats: ABCD guidelines on prevention and management . J Feline Med Surg 2013; 15( 7 ): 557 – 9.
5 Kaysser P, von Bomhard W, Dobrzykowski L , Meyer H. Genetic diversity of feline cowpox virus, Germany 2000–2008 . Vet Microbiol 2010; 24; 141( 3–4 ): 282 – 8.
6 Vogel S, Sárdy M, Glos K et al. The Munich outbreak of cutaneous cowpox infection: transmission by infected pet rats . Acta Derm Venereol 2012; 92( 2 ): 126 – 31.
7 Bonnekoh B, Falk K, Reckling KF et al. Cowpox infection transmitted from a domestic cat. J Dtsch Dermatol Ges 2008; 6( 3 ): 210 – 3.
8 Glatz M, Richter S, Ginter-Hanselmayer G et al. Human cowpox in a veterinary student. Lancet Infect Dis 2010; 10( 4 ): 288.
9 Dabrowski P, Radoni´c A, Kurth A, Nitsche A. Genome-wide comparison of cowpox viruses reveals a new clade related to Variola virus. PLoS One 2013; 8( 12 ): e79953.
10 Eis-Hubinger AM, Gerritzen A, Schneweis KE et al. Fatal cowpox-like virus infection transmitted by cat. Lancet 1990; 336 : 880.
11 Haase O, Moser A, Rose C et al. Generalized cowpox infection in a patient with Darier disease. Br J Dermatol 2011 ; 164 ( 5 ): 1 116–8.

 

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