Diagnose

Kongenitale lineare unilaterale Porokeratose

Diskussion

Bei der kongenitalen linearen unilateralen Porokeratose han-delt es sich um eine seltene Variante der erstmals 1893 von Mibelli beschriebenen Porokeratose [ 1 ] . Die zugrundeliegende Störung der Keratinozytenproliferation und -differenzierung resultiert klinisch in anulär angeordneten Hyperkeratosen mit charakteristisch atrophem Zentrum. Bei der kongenitalen linearen unilateralen Porokeratose breiten sich diese entlang von Blaschko-Linien aus und können je nach Ausmaß lokalisiert, zosteriform oder generalisiert auftreten. Die Diagnose wird häufig anhand der histologischen Charakteristika, insbesondere der pathognomonischen kornoiden Lamelle, gestellt.

Pathophysiologisch wird ein kutaner Mosaizismus einer klassischen unregelmäßig autosomal-dominant vererbten Porokeratosis Mibelli vermutet. Bei den segmentalen Varianten können zwei Typen unterschieden werden: Beim Typ-1-Befall führt eine lokalisierte, frühe postzygote Mutation in den Keratinozyten zur linearen Expression des Phänotyps im erkrankten Areal bei ansonsten gesunder Haut. Beim Typ-2-Befall liegt bereits eine Keimbahn-Mutation vor. Eine zusätzliche postzygote Mutation führt zum Verlust der Heterozygotie in dem betroffenen Areal. Klinisch zeigen diese Patienten neben einer generalisierten Porokeratose zusätzlich einzelne betonte Areale mit segmentaler Ausprägung. Der Typ-1-Befall, wie unsere Patientin ihn mit ausschließlich segmentaler Ausprägung zeigt, ist selten und bislang nur wenige Male in der Literatur beschrieben [ 2 ] .

Aus klinischer Sicht ist die differenzialdiagnostische Abgrenzung anderer Dermatosen mit linearer Anordnung erforderlich. Lineare Formen entzündlicher Dermatosen (lineare Psoriasis, Lichen planus) oder segmentale Varianten von Genodermatosen (segmentaler Morbus Darier, segmentaler Morbus Hailey-Hailey) bzw. epidermaler Nävi können anhand ihres distinkten klinischen Erscheinungsbildes und durch die differente Histologie unterschieden werden.

In der Fachliteratur werden als eigenständige klinisch-histologische Entitäten der porokeratotic eccrine ostial and dermal duct nevus (PEODDN) und der porokeratotic eccrine duct and hair follicle nevus (PEHFN) diskutiert (Tabelle 1). Bis heute wurden über 40 Fälle von PEODDN bzw. PEHFN publiziert. Den klinischen Beschreibungen dieser Fälle folgend, imponieren wie bei der linearen Porokeratose hyperkeratotische Papeln und Plaques, teilweise mit zentralem Hornpfropf in linearer Anordnung entlang der Blaschko-Linien. Die Herde werden gehäuft palmoplantar beschrieben, seltener findet sich eine proximale Ausbreitung entlang der entsprechenden Extremität [ 3 ] . Zudem gibt es Einzelfallberichte über eine Ausbreitung am Abdomen, Ge-säß sowie an der Stirn [ 4 ] . Histologisch pathognomonisch ist auch hier die kornoide Lamelle. Im Gegensatz zur Porokeratose sei diese jedoch überwiegend über dilatierten ekkrinen Schweißdrüsenausführungsgängen (PEODDN) sowie Haarfollikeln (PEHFN) vorhanden. Ein Unterschied zur linearen Porokeratose soll zudem das Fehlen anulärer Herde darstellen. Tatsächlich sind auch in Fällen, die als PEODDN oder PEHFN publiziert sind, die kornoiden Lamellen nicht strikt über ekkrinen Schweißausführungsgängen bzw. über Infundibula zu finden, sondern ebenfalls innerhalb der interfollikulären Epidermis. Zudem bedurfte es oft mehrerer Stufenschnitte, um eine Übereinstimmung der Adnexstrukturen mit den Parakeratosearealen herzustellen [ 5, 6 ] . Auch bei unserer Patientin projizierten sich die kornoiden Lamellen interfollikulär sowie über Follikelostien. Zuletzt wurde die Zusammenfassung von PEODDN und PEHFN in die gemeinsame Entität des porokeratotic adnexal ostial nevus(PAON) vorgeschlagen, was jedoch die Grenzen der Differenzierung von der linearen Porokeratose nicht löst [ 6 ] . Der Nachweis einer kornoiden Lamelle über Akrosyringia als Abgrenzungskriterium eines PAON von einer Porokeratose verwundert insbesondere vor dem Hintergrund der Erstbeschreibung durch Mibelli 1893. Die Bezeichnung Porokeratose wählte Mibelli insbesondere wegen der Beobachtung kornoider Lamellen über Adnexstrukturen, insbesondere Akrosyringia [ 1 ] .

Es ist demzufolge anzunehmen, dass es sich bei der linearen Porokeratose und dem PAON um zusammengehörige Krankheitsbilder handelt, einer Vermutung der zukünftig durch molekularpathologische Untersuchungen nachgegangen werden könnte. Denkbar wäre, dass die geringfügig unterschiedliche Klinik aus den anatomisch unterschiedlichen Prädilektionsstellen und der damit verbundenen erhöhten akralen Schweißdrüsendichte entsteht. Hinweisen möchten wir auch darauf, dass die lineare Porokeratose von allen Poroke-ratosevarianten die höchste Entartungstendenz zeigt. In bis zu 19 % der Fälle entwickeln sich läsional epitheliale Neoplasien. Hierfür könnten der pränatale Verlust der Heterozygotie [ 7 ] , ebenso wie eine nachgewiesene Überexpression von p53 [ 8 ] verantwortlich sein. Eine regelmäßige dermatologische Nachuntersuchung ist unerlässlich. Therapeutisch sind unter anderem Einzelfallberichte über Befundverbesserungen unter topischen und systemi-schen Retinoiden, Kryotherapie, Imiquimod sowie Laser- und Dermabrasiotherapie beschrieben. Unsere Patientin lehnte einen Therapieversuch mittels topischer Retinoide ab, sie befindet sich in jährlicher dermatologischer Kontrolle.

Interessenkonflikt

Keiner.

Literatur

1 Mibelli V . Contribute allo studio della ipercheratosis dei canali sudoriferi (porokeratosis) . G Ital Mal Ven 1893 : 28 : 313 – 5 .
2 Palit A , Inamadar AC , Yelikar BR . Unilateral linear annular lesions in a child . Pediatr Dermatol 2004 ; 21 : 682 – 3 .
3 Kroumpouzos G , Stefanato CM , Wilkel CS et al. Systematized porokeratotic eccrine and hair follicle naevus: report of a case and review of the literature . Br J Dermatol 1999 ; 141 : 1092 – 6 .
4 Dogra S , Jain R , Mohanty SK , Handa S . Porokeratotic eccrine ostial and dermal duct nevus: unilateral systematized involvement . Pediatr Dermatol 2002 ; 19 : 568 – 9 .
5 Cambiaghi S , Gianotti R , Caputo R . Widespread porokeratotic eccrine ostial and dermal duct nevus along Blaschko lines . Pediatr Dermatol 2007 ; 24 : 162 – 7 .
6 Goddard DS , Rogers M , Frieden IJ et al. Widespread poroker atoticadnexal ostial nevus: clinical features and proposal of a new name unifying porokeratotic eccrine ostial and dermal duct nevus and porokeratotic eccrine and hair follicle nevus . J Am Acad Dermatol 2009 ; 61 : 1060 – 14 .
7 Happle R. Somatic recombination may explain linear porokeratosis associated with disseminated superficial actinic porokeratosis . Am J Med Genet 1991 ; 39 : 237 .
8 Happle R. Cancer proneness of linear porokeratosis may be explained by allelic loss . Dermatology 1997 ; 195 : 20 – 5 .

 

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