Aus dem Leben einer Assistenzärztin

Berenike ist Weiterbildungsassistentin im letzten Weiterbildungsjahr. Im Interview mit Constanze vom JuDerm-Team erzählt sie ehrlich und praxisnah, wie sie zur Derma kam, was Klinik und Niederlassung unterscheidet – und worauf es ihrer Meinung nach wirklich ankommt. 

JuDerm: Liebe Berenike, stell dich doch mal vor. Wie bist du zur Derma gekommen? 

Berenike: Mein Name ist Berenike, ich bin Weiterbildungsassistentin im 5. Weiterbildungsjahr. Zur Derma bin ich ehrlicherweise eher auf Umwegen gekommen. Ich wollte ganz lange Unfallchirurgie machen, aber im Studium ist mir dann bei den Vorlesungen im Verlauf aufgefallen, dass die Derma auch ziemlich spannend und abwechslungsreich ist. Und da man das praktische Jahr sowieso chirurgisch verbringt, dachte ich mir: „Womit fülle ich mein Wahltertial?“ Im Blockpraktikum Dermatologie hatte ich dann noch das große Glück, eine sehr tolle Oberärztin in der Klinik begleiten zu dürfen, die so viel Freude mit diesem Fach hatte, dass sie mich mit ihrer Begeisterung angesteckt hat. Das hat dann meinen weiteren Weg lange geprägt.  

JuDerm: Und wo hast du dann deine Weiterbildung zur Dermatologin begonnen? 

Berenike: Ich habe in einer spezialisierten Fachklinik in Münster angefangen, die sich unter anderem auf meinen Lieblingsschwerpunkt, der Dermatochirurgie, spezialisiert hat. Dort habe ich – wie die meisten Einsteiger – zunächst auf der Station begonnen und mich mit dem Stationsalltag vertraut gemacht. Später durfte ich in die Ambulanz und in den OP rotieren. Auch die Privatsprechstunde, Lasersprechstunde und Wundsprechstunde standen dann auf dem Plan. Nebenbei haben wir aber auch einmal wöchentlich am Brückenmikroskop gemeinsam mikroskopiert und spezielle Patientenfälle gemeinsam vorgestellt und diskutiert. Das war für mich ein guter Mix. 

JuDerm: Und jetzt bist du in einer dermatologischen Praxis. Wie kam das?  

Berenike: Ich fand die Klinikzeit sehr spannend, aufgrund persönlicher Umstände stand aber ein Ortswechsel nach Frankfurt an. Da dachte ich mir, dass ein Blickwechsel auch in den ambulanten Bereich nicht schaden würde – vor allem, wenn Freunde oder Bekannte mir Bilder ihrer Hautveränderungen über WhatsApp schickten. Ich bin jetzt seit zwei Jahren in der Niederlassung und es macht mir immer noch sehr viel Spaß. Ich kann mir aber schon vorstellen, später noch einmal in die Klinik zurückzukehren. 

JuDerm: Was sind die klassischen Fälle im Krankenhaus verglichen mit einer Hautarztpraxis? 

Berenike: Zu allererst möchte ich festhalten, dass man auf jeden Fall beides sehen sollte. Ich muss durch die Krankenhauszeit lernen, was in der Klinik gut betreut aufgehoben ist und was besser ambulant hätte stattfinden sollen. Und als niedergelassene Hautärztin möchte ich wissen: was kann ich alles in der Praxis managen und was sollte ich lieber in die Klinik verweisen. Viele ältere, schwer kranke Patienten, die oft auch internistische Begleiterkrankungen haben, führt es früher oder später meistens auf eine dermatologische Station. Das können beispielsweise exazerbierte chronisch entzündliche Erkrankungen sein oder metastasierte Hauttumore, die intensivierte und engere Betreuung benötigen. 

Die Klinik schafft auch Abhilfe, wenn mehrere ambulante Therapieversuche gescheitert sind und eine Zweitmeinung benötigt wird.  

In der Praxis hat man daher oft eher „kleinere“ Sachen - Fußpilz gehört da leider zur Tagesordnung (lacht). Was den Alltag trotzdem so spannend macht: Hautprobleme jeder Altersklasse: Bei den Jugendlichen oft die Akne, im weiteren Verlauf eine Rosazea bis hin zu chronischen Lichtschäden und Juckreiz. Häufig im Praxisalltag sind auch weißer und leider auch schwarzer Hautkrebs, die sind immer mehr im Kommen also cremt Euch alle fleißig ein! 

JuDerm: Wie fandest du die erste Zeit als Derma-WBA und was würdest du frischen Weiterbildungsassistenten raten?  

Berenike: Ich fand es sehr hilfreich, dass ich die vier Monate PJ in der Derma einer Uniklinik hatte. Klar kann man auch einen Quereinstieg wagen, wenn man im Wahltertial lieber noch mal etwas ganz anderes machen möchte. Aber durch das PJ hatte ich schon Einiges gesehen und beginnend eigenständig therapiert. Es war herausfordernd, aber hat auch Spaß gemacht, eigenverantwortlich für die Patienten da zu sein und erste Therapieschemata zu erarbeiten. Das Gute im PJ war, man hatte immer noch einen „richtigen“ Arzt, der drüber schaut. Das ändert sich dann schlagartig, wenn man seine erste Stelle als frischgebackene Ärztin antritt. 

Ich hatte das große Glück - und damit steht und fällt die erste Zeit als Assistenzärztin - dass wir insgesamt ein tolles Team waren. Es gab einen regen Austausch und man hatte immer hilfsbereite Kollegen und Kolleginnen, bei denen man sich melden konnte, wenn man nicht genau weiterwusste oder auch von nicht fertigen Arztbriefen überschüttet war.  

Rückblickend fand ich das erste halbe Jahr verrückt, weil man am Anfang jede Woche aufs Neue denkt "Wie soll ich das jemals meistern?". Ich habe sehr viel Zeit und auch lange Nächte in der Klinik verbracht, aber irgendwann ist es ja doch auch ein Stück weit Routine. Dann hat man vielen schon einmal gesehen und weiß in etwa einzuordnen, wie man das handeln muss. Am Anfang ist aber gefühlt wirklich alles neu. Aber nach einiger Zeit sieht man dann die ersten Erfolge und was man doch schon alles selber erkennen und behandeln kann. Ich kann frischen Assistenten vor allem raten, sich selbst weder zu unter- noch überschätzen. Man darf sich schon einiges zutrauen, aber sollte auch wissen, wann man Hilfe benötigt und dann danach fragen. 

JuDerm: Was macht für dich eine gute Dermatologin/einen guten Dermatologen aus? 

Berenike: Für mich ist das eine Person, die sich nicht nur mit der Haut zufriedengibt, sondern auch nach links und nach rechts schaut. Ich finde interdisziplinäre Arbeit wichtig und das A&O. In der Klinik geht das häufig über einen kürzeren Dienstweg, daher muss man sich in der Niederlassung schnell ein gutes Netzwerk aufbauen, um die bestmögliche Versorgung zu ermöglichen.  

Ich finde es auch entscheidend, dass man den Patienten, die ja auch oft einen längeren Leidensweg und viele Arztkontakte hinter sich haben, offene Fragen stellt. Dass man ihnen genug Zeit schenkt, sie fragt, warum sie hier sind und wie man ihnen denn helfen kann. Mich freut es sehr, wenn jemand zu mir sagt: „Danke, dass Sie mir zugehört haben und sich meine Haut wirklich angeguckt haben.“ 

Das Allerwichtigste ist Ehrlichkeit mit den Patienten und machbare Therapieziele. Ich finde es nicht gut, etwas zu versprechen, was man nicht halten kann. Das gilt für den konservativen, operativen sowie ästhetischen Bereich.   

JuDerm: Worauf sollte man deiner Meinung nach bei der Wahl seiner Weiterbildungsstelle achten? 

Berenike: Am Anfang freut man sich glaube ich über jede Stellenzusage. Man sollte sich über die Kliniken und Praxen im Internet oder über Hörensagen informieren. Gut ist es natürlich, wenn man selbst vor Ort reingeschnuppert hat - durch eine Famulatur oder einer Hospitation. Mit dem Team und der allgemeinen Atmosphäre steht und fällt meines Erachtens alles.  

Beim Wechsel von Klinik zu Praxis finde ich wichtig, dass man nicht zu früh in eine Nische rutscht. Sondern dass man weiterhin das breite Spektrum abdeckt. Dazu gehört in der Dermatologie nun einmal auch die Venerologie, die Mykologie etc. – also gegebenenfalls Sachen, die man vielleicht nicht so ganz gerne mag. Ich denke es ist wichtig, dass man gerade in seiner Weiterbildungszeit zumindest alles mal gesehen hat, bevor man sich dann später auf seinen Bereich spezialisiert. Da hatte ich in Frankfurt großes Glück, eine Praxis zu finden, die nicht nur die gesamte Dermatologie abbildet, sondern auch proktologisch, phlebologisch und allergologisch mitbehandelt. 

JuDerm: Wie bereitest du dich auf die Facharztprüfung vor? 

Berenike: Das ist jeden Tag schon in den Alltag integriert. Wenn am Tag spannende Fälle gibt, lese ich die abends nach, weil ich das sehr lehrreich finde. Dann hat man zu dem Krankheitsbild immer direkt den Patienten vor Augen und kann es später besser abrufen. Vielleicht sieht man diese Fälle auch nur einmal und dann nie wieder in seinem Leben, aber dann hat man das zumindest in dem Moment gut verstanden. Ich bin jetzt noch nicht im Endspurt angelangt, aber es ist sicherlich wichtig, sich für die Facharztvorbereitung spezielle Frage- Antwortbücher zu kaufen.  

Abgesehen davon liebe ich Fortbildungen, die machen sehr viel Spaß - sowohl vor Ort als auch online. Lieber aber ersteres. Die Derma-Welt ist eine sehr kleine Welt und man geht zu einer Fortbildung nicht nur, um sich fachlich fortzubilden, sondern auch jedes Mal um gleichzeitig Leute (wieder) zu treffen, die man mag.  

JuDerm: Wie informierst du dich generell über die Derma?  

Berenike: Als ich noch keine Stelle hatte, fand ich die Website Dermajobs spannend und auch die JuDerm-Seite, weil sie alles abdecken vom Studenten-Dasein über die Weiterbildung bis hin zum Facharzt. Ich habe auch zwei gängige Derma-Zeitschriften abonniert, weil ich den Aufbau und Themenauswahl gut finde. Manchmal reicht die Zeit zwar nicht, sie von vorne bis hinten durchzulesen aber man nimmt trotzdem immer etwas Neues mit.  

Ich bin außerdem Mitglied im BVDD, von denen bekomme ich regelmäßig Newsletter mit relevanten und konzentrierten Informationen. Das ist super, wenn man schnell up to date sein mag. 

JuDerm: Hast du ein Lieblingslehrbuch?  

Berenike: Ich liebe Papier zwischen den Händen, also habe ich den klassischen „Braun-Falco“ sowie das plastisch-rekonstruktive Hauttumor Chirurgie Buch meines ehemaligen Oberarztes, in dem ich gerne Plastiken vor einer größeren Operation nachschlage. Für den Einstieg kann ich aber auch die „Blickdiagnosen Dermatologie“ empfehlen. Dieses Buch schafft einen groben Überblick darüber, welche Krankheiten häufig sind und wie man diese therapiert. Im Praxisalltag schaue ich gelegentlich auch online bei Altmeyer nach, die Seite finde ich super. 

JuDerm: Würdest du die Derma wieder wählen? 

Berenike: Tatsächlich gibt es in meiner (noch) kurzen, aber super schönen, Derma-Zeit kaum einen Tag, an dem ich diese Facharztrichtung hinterfragt habe. Ich liebe es, Menschen jedes Alters und Geschlechts zu sehen. Mit all den verschiedenen Differenzialdiagnosen und konservativen wie operativen Therapiemöglichkeiten war es für mich auf jeden Fall die richtige Wahl.  

Manchmal hätte ich aber doch lieber ein Fach, wo man nicht ständig Bilder über Messengerdienste zugeschickt bekommen kann, weil ein richtiger Feierabend schon viel wert ist. Gerade in der Anfangszeit, wo man sich ja jedes Mal doppelt und dreifach hinterfragt, was es sein könnte. Die anderen denken sich "Ach ich schicke jetzt einfach mal ein Bild, ist ja nur ein roter Punkt". Aber ein roter Punkt kann ja auch Einiges mehr bedeuten. Und wenn jeweils 1-5 Freunde abends denken: „Ach ist doch nur ein Bild“, ist man zum Leidwesen aller anderen, mit denen man den Feierabend verbringen wollte, immer gut beschäftigt.  

Ich weiß aber auch, dass die Derma häufig halb verflucht („Ihh ekelig“), halb gehypt (dank den „Skinfluencern“) wird - ich finde es ist das beste Fach! In Deutschland haben wir das große Glück, dass die Derma so breit gefächert ist und wir sollten uns alle Sparten erhalten. Die klassische Dermatologie muss uns trotz des stetigen Trends zu mehr Ästhetik erhalten bleiben. 

JuDerm: Wie du sagst: Dermatologie ist aktuell als Facharzt sehr beliebt und man findet nicht so leicht eine Stelle. Was würdest du Derma-interessierten Medizinstudierenden empfehlen? Wie erhöht man die Chancen auf eine Stelle in der Derma?  

Berenike: Ich hatte echt Glück, ich wurde zu einigen Bewerbungsgesprächen eingeladen und hatte sozusagen "die Qual der Wahl". Ich konnte mich eigenständig entscheiden und es nach meinen Interessen bestimmen, wohin es hingehen soll. Wenn man früh weiß, was man machen möchte, dann sollte man in dem Fach denke ich Famulaturen machen. Denn Networking ist wie in allen Bereich des Lebens sehr wichtig.  

Vor allem aber, dass man auch zeigt, dass man wirklich Interesse hat. Dass man zum Beispiel auch mal länger bleibt und bereit ist, das Fünkchen Mehrarbeit zu leisten. Ich kenne aber auch viele, die erst mit Innere Medizin angefangen haben und im Verlauf in die Derma wechseln konnten. Die habe ich in meinen ersten 24-Stunden Diensten häufig beneidet, da sich noch einmal eine andere Basis an Wissen hatten. 

Mein Tipp: Immer die Augen und Ohren offenhalten, häufig muss man nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Und wenn man es wirklich will, sollte man auch nicht aufgeben. Ich bin da sehr guter Dinge, dass das dann klappt und ehe man sich versieht, ist man schwupps vom Berufseinsteiger zu kurz vorm Facharzt. Ich spreche da aus Erfahrung (lacht).   

JuDerm: Danke dir, Berenike, für das ehrliche Gespräch und die vielen spannenden Einblicke! Wir drücken die Daumen für den Endspurt zur Fachärztin. 

Das interview führte Constanze von JuDerm.