Diagnose

Pustulosis acuta generalisata im Rahmen eines Scharlachexanthems

Therapie und Verlauf
Der Krankheitsverlauf gestaltete sich äußerst gutartig. Innerhalb weniger Tage konnte unter Antibiotikatherapie mit Cefaclor und phasengerechter indifferenter und antiseptischer Lokaltherapie eine Regression der Hautläsionen beobachtet werden. Nach narbenfreier Abschuppung läsionaler Haut am Stamm und den Extremitäten konnte die junge Patientin innerhalb von nur vier Tagen wohlauf nach Hause entlassen werden.

Diskussion
Generalisierte pustulöse Hauterkrankungen im Kindesalter sind selten und können den behandelnden Dermatologen vor eine diagnostische Herausforderung stellen. Eine Reihe von Differenzialdiagnosen mit zum Teil nicht unumstrittenen Krankheitsbildern sind zu beachten.

Die Pustulosis acuta generalisata (PAG) wurde erstmalig 1978 von Braun-Falco als akute generalisierte, akral betonte Eruption von Pusteln mit entzündlich gerötetem Randsaum beschrieben. Charakteristisch ist das Auftreten in Folge eines Streptokokkeninfekts und eine spontane Regression [1]. Die Akren sind im vorliegenden Fall, im Gegensatz zu den meisten Fällen einer PAG, unbeteiligt. Ein lediglich stammbetonter Verlauf wird aber beschrieben [2, 3]. Das Krankheitsbild definiert sich als postinfektiöse Reaktion mit weitgehend unverstandener Pathogenese. Diskutiert werden periphere Ablagerungen von Immunkomplexen aus Streptokokkenantigenen und Antikörpern mit folgender Komplementaktivierung und Chemotaxis neutrophiler Granulozyten. Eine derartige Typ-III-Immunreaktion liegt auch der leukozytoklastischen Vaskulitis zugrunde. In vielen Fällen einer PAG lassen sich histomorphologische Veränderungen im Sinne einer leukozytoklastischen Vaskulitis oder perivaskuläre neutrophilenreiche Infiltrate nachweisen. Bakterielle Toxine werden ebenfalls als möglicher kausaler Faktor in Erwägung gezogen [4].

Interessanterweise eilt im beschriebenen Fall der Entstehung der Pusteln ein Scharlachexanthem voraus. Hierbei handelt es sich um ein durch pyrogene Exotoxine mediiertes Exanthem in Folge einer Pharyngotonsillitis durch B-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A. Typische Prädilektionsstellen eines Scharlachexanthems sind die Leistenbeugen, das Schenkeldreieck und die Armbeugen [5]. In seltenen Fällen können aus den tiefrot gefärbten Flecken und Papeln des Scharlachexanthems perifollikuläre flüssigkeitsgefüllte fragile Bläschen entstehen. Der Bläscheninhalt kann auch eintrüben und somit zu Pustulationen im Bereich des Exanthems führen. Eine solche als Miliaria scarlatinosa bezeichnete Variante des Scharlachexanthems kann bei dem vorgestellten Kind in die differenzialdiagnostischen Überlegungen mit einbezogen werden [6]. Das akute Erscheinen derart zahlreicher Pusteln und der histopathologische Befund sprechen allerdings gegen eine Miliaria scarlatinosa. Andere generalisierte Pustulosen wie die akute generalisierte exanthematische Pustulose (AGEP) und die generalisierte Psoriasis pustulosa (GPP) müssen ebenfalls als Differenzialdiagnosen beachtet werden.

Das verabreichte Amoxicillin gilt als einer der häufigsten Auslöser einer AGEP. Das hochakute Krankheitsbild geht mit hunderten von nicht follikulären, stecknadelkopfgroßen, oft konfluierenden Pusteln einher. Fieber > 38°C, diffuses Brennen und Jucken der Haut und eine milde Eosinophilie und Neutrophilie sind häufig. Die Pusteln heilen in der Regel innerhalb von zehn Tagen narbenlos ab. Die Erkrankung tritt selten im Kindesalter auf [7, 8]. Das anamnestisch beschriebene Auftreten von einzelnen Läsionen bereits vor Einnahme des Antibiotikums machen die Diagnose einer AGEP unwahrscheinlich. Außerdem ist eine derart rasche Sensibilisierung bei wohl erstmaliger Verabreichung von Amoxicillin kaum möglich.

Die Möglichkeit einer Kombination zweier Krankheitsbilder muss ebenfalls beachtet werden. Die Entwicklung einer arzneimittelinduzierten AGEP im direkten Anschluss an eine Miliaria scarlatinosa könnte die Entwicklung von Hautläsionen bereits vor einer Medikamenteneinnahme erklären. Eine weiterführende allergologische Abklärung ist indiziert und wird erfolgen. Die GPP, eine seltene Variante der Psoriasis, geht mit einem akuten generalisierten Erythem und sterilen Pusteln einher. Die Erkrankung kann auch lebensbedrohlich verlaufen [9].

Im vorliegenden Fall sprechen vor allem das klinische Bild, die Histologie mit fehlenden suprabasalen Mitosen und fehlend ektatisch erweiterten Kapillaren unmittelbar subepidermal in den dermalen Papillenspitzen, der benigne Verlauf und die negative Familienanamnese gegen eine GPP. Das Auftreten einer Pustulosis acuta generalisata im Rahmen eines Scharlachexanthems ist in der Literatur, nach unserem Wissen, bisher nicht beschrieben. Die Diagnose PAG ist nach sorgfältiger Diagnostik und differenzialdiagnostischer Erwägungen nach unserer Meinung die wahrscheinlichste Ausschlussdiagnose.

Interessenkonflikt
Keiner.

Literatur
1 Braun-Falco O, Luderschmidt C, Maciejewski W, Scherer R. Generalized acute pustulosis. An unusual presentation of leukocytoclastic vasculitis. Hautarzt 1978; 29(7): 371-7.
2 Patrizi A, Savoia MD, Giacomini F et al. Diffuse acute pustular eruption after streptococcal infection - a new instance of pustulosis acuta generalisata. Pediatr Dermatol 2007; 24(3): 272-6.
3 Eren M, Fabri M, Krieg T et al. Pustulosis acuta generalisata with joint involvement in an HLA-A2- and HLA-B35-positive patient. J Am Acad Dermatol 2008; 58(6): 1056-8.
4 Auer-Grumbach P, Pfaffenthaler E, Soyer HP. Pustulosis acuta generalisata is a post-streptococcal disease and is distinct from acute generalized exanthematous pustulosis. Br J Dermatol
1995; 133(1): 135-9.
5 Manders SM. Toxin-mediated streptococcal and staphylococ¬cal disease. J Am Acad Dermatol 1998; 39(3): 383-98; quiz
399-400.
6 Plewig G, Landthaler M, Burgdorfer WHC. Braun-Falco's Dermatologie, Venerologie und Allergologie, 6. Auflage, Springer Verlag, Berlin, 2011.
7 Paulmann M, Mockenhaupt M. Severe drug-induced skin reactions: clinical features, diagnosis, etiology, and therapy. J Dtsch Dermatol Ges 2015; 13(7): 625-43.
8 Sidoroff A, Halevy S, Bouwes JN et al. Acute generalized exanthematous pustulosis (AGEP) - a clinical reaction pattern. J Cutan Pathol 2001; 28(3): 113-9.
9 de Oliveira ST, Maragno L, Arnone M et al. Generalized pustular psoriasis in childhood. Pediatr Dermatol 2010; 27(4):
349-54.

 

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