Diagnose

Systemische Amyloidose (AL-Typ)

Weitere Diagnostik
Die Immunfixationsuntersuchung im Urin zeigte Paraproteine (freie X-Kette), Bence-Jones-Proteinen entsprechend. Die Amyloid-Typisierung aus der Haut unter Einsatz von homologen Amyloid-Antikörpern ergab das Vorliegen von AL-X-Amyloid, welches die Diagnose einer AL-Amyloidose bestätigte. Mittels einer Knochenmarksuntersuchung wurde als Grunderkrankung ein Plasmazellmyelom intermediärer Differenzierung festgestellt.

Therapie
Die Patientin wurde an der hämatoonkologischen Abteilung vorgestellt. Es wurde eine Behandlung mit Lenalidomid eingeleitet [1]. Es handelt sich um eine dem Thalidomid verwandte Substanz, die antiproliferativ, antiangiogenetisch, erythropoesestimulierend und immunmodulierend wirkt.

Diskussion
Der Begriff „Amyloidose" bezeichnet einen gemeinsamen histopathologischen Befund bei ätiologisch sehr unterschiedlichen Erkrankungen. Die Erstbeschreibung von Amyloid erfolgte 1842 vom Wiener Pathologen Rokitansky in seinem Handbuch der pathologischen Anatomie [2]. Amyloid heißt „Stärke-artig". Diese Bezeichnung wählte Rudolf Virchow 1854, da amyloidhaltige Gewebe bei der Behandlung mit Jodlösung die gleiche Blaufärbung wie Getreidestärke zeigen.

Amyloidosen können primär in der Haut entstehen oder diese sekundär betreffen. Zu den systemischen Formen mit sekundärer kutaner Beteiligung zählen hauptsächlich drei Formen: die AL-Amyloidose, die inflammatorische oder Tumor-assoziierte Form (AA-Amyloidose) und die Hämodialyse-assoziierte Form (Präzipitation von ß2-Mikroglo-bulin). Daneben gibt es seltene hereditäre Amyloidosen. Bei der AL-Amyloidose handelt es sich um die häufigste Form einer systemischen Amyloidose, der ätiologisch eine klonale Plasmazellerkrankung zugrunde liegt. Pathophysiologisch kommt es nach Expansion eines Plasmazellklons im Knochenmark zur Bildung monoklonaler Leichtketten. Amy-loidablagerungen können mit Ausnahme des ZNS in jedem Organ vorkommen. Die charakteristischen fazialen Hautveränderungen in Kombination mit einer Makroglossie stellen klinisch oftmals die früheste Manifestation der AL-Amyloidose dar. Histologisch können perivaskulär und in den Gefäßwänden Amyloidablagerungen festgestellt werden. Die damit verbundene erhöhte Fragilität kleiner Blutgefäße führt zu den charakteristischen petechialen Purpuraläsio-nen [3]. Diese Einblutungen mit periorbitaler Prädilektion sind geradezu ein pathognomonisches kutanes Zeichen der systemischen Amyloidose [4]. In der Kongorotfärbung stellen sich die Ablagerungen homogen rötlich dar, im Polarisationsmikroskop findet sich eine charakteristische grüne Doppelbrechung [5].

Die immunhistochemische Untersuchung dient zur genauen Charakterisierung des Amyloids. In zirka 20 % der Fälle ist ein multiples Myelom Ursache der Erkrankung. Auch verschiedene Lymphome sowie andere neoplastische Erkrankungen (u. a. Morbus Waldenström, Bence-Jones-Plasmo-zytom) können einer AL-Amyloidose zugrunde liegen. Aufgrund einer Überproduktion von Leichtketten können diese im Serum und als Bence-Jones-Proteine im Urin nachgewiesen werden [6, 7].

Therapeutisch vorrangiges Ziel bei der systemischen Amyloidose ist die Behandlung der Grunderkrankung. Üblicherweise wird eine Chemotherapie mit Melphalan (aus der Gruppe der Alkylanzien) und Prednisolon angewandt. Daneben kommen auch andere Substanzen zur Anwendung, wie zum Beispiel Thalidomid oder Lenalidomid [1]. Bei fortge¬schrittener Erkrankung kann auch eine autologe Stammzell-transplantation in Erwägung gezogen werden [8]. Insgesamt ist die Prognose der Erkrankung ungünstig. Unbehandelt nimmt die primär systemische Amyloidose innerhalb von zwei Jahren einen letalen Verlauf.

Interessenkonflikt
Keiner.

Literatur
1    Qiao SK, Guo XN, Ren JH et al. Efficacy and safety of lenalido-mide in the treatment of multiple myeloma: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Chin Med J (Engl) 2015; 128(9): 1215-22.
2    Rokitanski C. Handbuch der pathologischen Anatomie. Wien: Braumüller & Seidel 1842; 3: 311.
3    Niesmann J, Altmeyer P, Kreuter A. Plane periorbital bleeding and waxy papules. J Dtsch Dermatol Ges 2007; 5(8): 711-3.
4    Eder L, Bittermann H. Image in clinical medicine. Amyloid purpura. N Engl J Med 2007; 356: 2406.
5    Li W. Histopathology of primary cutaneous amyloidoses and systemic amyloidosis. Clin Dermatol 1990; 8: 30-5.
6    Schönland S, Bochtler T, Kristen AV et al. Aktuelle Diagnostik und Therapie der Leichtkettenamyloidose. Pathologe; 2009; 30(3): 205-11.
7    Becker MR, Rompel R, Plum J, Gaiser T. Light chain multiple myeloma with cutaneous AL amyloidosis. J Dtsch Dermatol Ges 2008; 6(9): 744-5.
8    Hazenberg BP, Croockewit A, van der Holt B et al. Extended follow-up of high-dose melphalan and autologous SCT after vincristine, doxorubicin, dexamethasone induction in AL amyloidosis of the prospective phase II HOVON-41 study by the Dutch-Belgian Cooperative Trial Group for Hematology Oncology. Haematologica 2015; 100(5): 677-82.

 

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