Diagnose

Antiphospholipid-Syndrom

Therapie und Verlauf
Die bei der Vorstellung beobachteten Wangenerytheme ließen an einen zugrundeliegenden systemischen Lupus erythematodes (SLE) denken. Bei Betrachtung der aktuellen Klassifikationskriterien der Systemic Lupus International Collaborating Clinics (SLICC) [ 1 ] konnte sich der Verdacht jedoch nicht bestätigen, da neben dem Wangenerythem lediglich Gelenkschmerzen als positives Kriterium zu evaluieren waren.
Die initial beschriebene Schmerzsymptomatik des Abdomens kann möglicherweise auf kleinere Thrombosen der blutversorgenden Gefäße des Kolons zurückzuführen sein.
Im weiteren Verlauf gab die Patientin jedoch keine weiteren Beschwerden diesbezüglich an.
Bei Verdachtsdiagnose eines Antiphospholipid-Syndroms (APS) wurde eine antikoagulative Therapie mit niedermolekularem Heparin (Enoxaparin-Natrium) in therapeutischer
Dosis begonnen (1 mg/kg Körpergewicht pro Tag). Das positive Lupus-Antikoagulans wurde nach 12 Wochen erneut nachgewiesen und somit konnte die Diagnose eines APS gemäß der Sapporo-Klassifi kation gestellt werden [ 2 ] . Antiseptische Umschläge und hydroaktive Wundaufl agen wurden zur Wundversorgung angewandt. Cefuroxim sowie Ciprofl oxacin wurden bei Zeichen einer Infektion mit erhöhtem Entzündungswerten antibiogrammgerecht verabreicht. Zudem erfolgte ein Wunddebridement in regelmäßigen Abständen zur Verringerung der nekrotischen Anteile (Abbildung 1 b).
Die Patientin lehnte die Umstellung auf Cumarine wegen der erforderlichen Laborkontrollen konsequent ab. Daher wurde als Alternative der direkte Faktor-Xa-Hemmer Apixaban eingesetzt. Unter der Therapie stabilisierte sich der Befund zunehmend und es kam im Verlauf zu einer Abheilung (Abbildung 1 c).

Diskussion
Das Antiphospholipid-Syndrom ist als häufi gste erworbene Thrombophilie ein maßgeblicher Auslöser arterieller und venöser Thrombosen, Aborte und Frühgeburten [ 3 ] . Patienten können mit Migräne, Apoplex, Livedo reticularis, koronarer Herzkrankheit, Ulzerationen, Amaurosis fugax oder mesenterialen Ischämien auffallen. Die Erstdiagnose wird im mittleren Alter von 31 Jahren gestellt und das APS betrifft mit einem Verhältnis von 5 : 1 vermehrt Frauen. Koinzidierende Autoimmunerkrankungen, wie ein SLE, spielen bei etwa einem Drittel der APS Patienten eine Rolle [ 3 ] . Um die Diagnose eines APS zu stellen, sollte mindestens eines der klinischen und eines der Laborkriterien der revidierten Sapporo-Klassifi kationskriterien zutreffen (Tabelle 1 ) [ 2 ] . Die Bestätigung eines positiven Befundes nach 12 Wochen ist essentiell, um
eine definitive Diagnose zu stellen, da verschiedene Infektionen zu einer temporären Erhöhung der Antiphospholipid-Antikörper führen können. Differenzialdiagnostisch zeigt sich eine Ähnlichkeit zur Embolia cutis medicamentosa (Nicolau- Syndrom), daher sollten vorangegangene subkutane Injektionen erfragt werden [ 4 ] . Auch Heparin-induzierte Nekrosen zählen zu den differenzialdiagnostischen Überlegungen[ 5 ] . Ferner wurde bereits ein Erythema induratum unter Vorliegen von Antiphospholipid-Antikörpern beschrieben und der Nachweis von Mykobakterien kann gegebenenfalls als Unterscheidungsmerkmal dienen [ 6 ] .
Die Behandlung muss an den individuellen Zustand des Patienten und dessen Morbidität angepasst werden. Generell ist eine Kontrolle der kardiovaskulären Risikofaktoren ratsam. Bei Patientinnen mit Kinderwunsch oder während der Schwangerschaft ist auch bezüglich der Therapie eine enge Zusammenarbeit mit der Gynäkologie unerlässlich. Ansonsten empfiehlt sich als primäre Thromboseprophylaxe niedrig dosierte Acetylsalicylsäure und bei zugrundeliegendem systemischen Lupus erythematodes kann Hydroxychloroquin ergänzt werden. In besonderen Situationen mit erhöhtem Thromboserisiko wie Operationen oder Immobilisation wird niedermolekulares Heparin in den üblichen Dosen angewandt.
Als sekundäre Thromboseprophylaxe nach einem venösen Ereignis sollte die orale Antikoagulation mit Warfarin (INR-Zielbereich: 2,0–3,0) erfolgen. Nach arterieller
Thrombose sollte ein Thrombozytenaggregationshemmer hinzugenommen werden oder alternativ der INR-Zielbereich auf > 3,0 eingestellt werden. Im Rahmen von aktuellen Studien werden die neuen direkten oralen Antikoagulanzien beim APS erprobt und es zeigen sich neben einer geringeren Nebenwirkungsrate und einer leichteren Handhabbarkeit vielversprechende Ergebnisse [ 7 ] . Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei etwa 95 % unter Therapie und 70 % der Schwangeren können trotz APS bei entsprechender Therapie ein gesundes Kind gebären [ 3, 8 ] .
Das Antiphospholipid-Syndrom ist eine Differenzialdiagnose bei spontan entstandenen Ulzerationen und sollte durch eine zielführende Anamnese (bei Patientinnen insbesondere die gynäkologische Anamnese) sowie die entsprechende Labordiagnostik abgeklärt werden.


Interessenkonflikt
Keiner.

Literatur
1 Petri M , Orbai AM , Alarcón GS et al. Derivation and validation
of the Systemic Lupus International Collaborating Clinics classification
criteria for systemic lupus erythematosus . Arthritis
Rheum 2010 ; 64 ( 8 ): 2677 – 86 .
2 Miyakis S , Lockshin MD , Atsumi T et al. International consensus
statement on an update of the classification criteria for
definite antiphospholipid syndrome (APS) . J Thromb Haemost
2006 ; 4 ( 2 ): 295 – 306 .
3 Ruiz-Irastorza G , Crowther M , Branch W et al. Antiphospholipid
syndrome . Lancet 2010 ; 376 ( 9751 ): 1498 – 509 .
4 Harde V , Schwarz T . Embolia cutis medicamentosa following
subcutaneous injection of glatiramer acetate . J Dtsch Dermatol
Ges 2007 ; 5 ( 12 ): 1122 – 3 .
5 Schindewolf M , Lindhoff-Last E , Ludwig RJ et al. Heparininduced
skin lesions . Lancet 2012 ; 380 ( 9856 ): 1867 – 79 .
6 Oshio A , Yoshii Y , Ono K et al. Erythema induratum of Bazin
with anti-phospholipid antibodies . J Dtsch Dermatol Ges 2015 ;
13 ( 8 ): 810 – 1 .
7 Arachchillage DJ , Cohen H . Use of new oral anticoagulants in
antiphospholipid syndrome . Curr Rheumatol Rep 2013 ; 15 ( 6 ):
331 .
8 Cervera R , Khamashta MA , Shoenfeld Y et al. Morbidity and
mortality in the antiphospholipid syndrome during a 5-year
period: a multicentre prospective study of 1,000 patients . Ann
Rheum Dis 2009 ; 68 ( 9 ): 1428 – 32 .

 

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