Diagnose

IgA-Pemphigus vom Typ der subkornealen pustulösen Dermatose

Histopathologie
In der konventionellen Histologie zeigt sich eine sehr oberflächliche subkorneale Spaltbildung mit Akantholyse. Im Blasenlumen finden sich akantholytische Zellen sowie zahlreiche neutrophile Granulozyten, in der darunter liegenden oberflächlichen Dermis, perivaskulär betont, ein mäßig dichtes Entzündungsinfiltrat (Abbildung 2 a, b).

Immunfluoreszenz
Die direkte Immunfluoreszenz zeigt interzelluläre IgA-Autoantikörper in den obersten Epidermisschichten (Abbildung 2 c). Es zeigen sich keine spezifischen IgG-, IgM- oder C3c- Ablagerungen. Die indirekte Immunfluoreszenz auf Affenösophagus zeigt deutliche interzelluläre IgA-Ablagerungen (Abbildung 2 d). ELISA- und Immunoblot-Untersuchungen mit rekombinantem Desmoglein 1 und 3 (IgG und IgA) sowie Desmocollin 1, 2 und 3 (IgA) sind negativ.

Laborergebnisse
Die Abstrichuntersuchung (Bakteriologie und Mykologie), Differenzialblutbild, Leber- oder Nierenretentionsparameter sind unauffällig. Allerdings ist der Glucose-6-Phosaphat- Dehydrogenase Spiegel mit 3,0 U/g reduziert.

Diskussion
Pemphigus-Erkrankungen sind blasenbildende Autoimmunerkrankungen mit intraepidermaler Spaltbildung und Akantholyse. Sie werden durch Autoantikörper, die sich gegen desmosomale Proteine richten hervorgerufen. IgG-Autoantikörper verursachen Pemphigus vulgaris, Pemphigus foliaceus und paraneoplastischen Pemphigus. Erst in jüngerer Zeit wurde der sehr seltene IgA-Pemphigus charakterisiert [1, 2] . Der IgA-Pemphigus wird in zwei Subtypen, intraepidermaler neutrophiler IgA-Dermatose-Typ (IEN-Typ) und subkornealer pustulöser Dermatose-Typ (SPD-Typ), unterteilt [3–5] . Der IgA-Pemphigus vom Typ der subkornealen pustulösen Dermatose ist eine mit mäßigem Juckreiz einhergehende subakute Erkrankung mit schlaffen Bläschen, Pusteln und Erosionen. Die Prädilektionsstellen sind Stamm, proximale Extremitäten, Kopfhaut, Retroaurikulärregion und – wie im hier präsentierten Fall – Intertrigines. Die verursachenden IgA-Autoantikörper richten sich typischerweise gegen Desmocollin 1, 2 oder 3. Der Nachweis zirkulierender Autoantikörper im Serum mittels indirekter Immunfluoreszenz gelingt nur in ca. 50 % der Fälle [6]. Die genaue Identifizierung des Autoantigens ist mittels verschiedener Methoden möglich, z. B. durch Immunoblots mit rekombinanten Proteinen. Gelingt dies – wie auch in unserem Fall – nicht, können ELISA-Untersuchungen oder indirekte Immunfluoreszenz auf transfizierten COS-Zellen, die Desmocolline überexprimieren, sinnvoll sein. Diese Methoden haben die höchste Sensitivität, da die Proteine in nicht denaturierter Form vorliegen. Sie stehen jedoch nur in einzelnen Labors weltweit (z. B. Prof. T. Hashimoto,
Kurume, Fukuoka, Japan) und nicht in der Routine-Diagnostik zur Verfügung.

Klinisch differenzialdiagnostisch abzugrenzen ist vor allem die häufig vorkommende Impetigo, hier helfen mikrobiologische Untersuchungen. Weitere Differenzialdiagnosen sind die lineare IgA-Dermatose, die Dermatitis herpetiformis Duhring und der IgA-Pemphigus vom IEN-Typ. Dieser zeigt klinisch schlaffe eingetrübte Blasen, welche sogenannte „sonnenblumenartige“ anuläre Läsionen mit zentraler Kruste bilden. Histologisch finden sich Pusteln in allen Schichten der Epidermis und es können deutlich eosinophile Granulozyten untergemischt sein. Im Gegensatz zum IgA-Pemphigus vom SPD-Typ finden sich in beim IENTyp in der direkten Immunfluoreszenz interzelluläre IgA-Ablagerungen in der basalen oder der gesamten Epidermis. Die häufigsten Autoantigene sind Desmoglein 1 und 3 [4, 5]. Vor allem histologisch oft nicht eindeutig abgrenzbare Erkrankungen mit subkornealer Spaltbildung und neutrophilem Entzündungsinfiltrat sind die Psoriasis pustulosa, die subkorneale Pustulose Sneddon-Wilkinson, die akute generalisierte exanthematische Pustulose (AGEP) und der Pemphigus foliaceus. Die sichere Diagnose eines IgA-Pemphigus gelingt nur mittels direkter Immunfluoreszenz, wobei die häufig diskreten subkornealen interzellulären IgA-Ablagerungen leicht übersehen werden können.

Topische und niedrigdosierte orale Steroide sowie 4,4-Diaminodiphenylsulfon (DADPS, Dapson) sind Therapie der Wahl für den IgA-Pemphigus. Dapson wirkt über eine Reduktion des neutrophilen Entzündungsinfiltrates [4, 6]. Vor der Einleitung einer Therapie mit Dapson müssen Kontraindikationen ausgeschlossen werden, insbesondere ein Glucose- 6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel – der bei Patienten aus dem Mittelmeerraum häufiger vorkommt. Nach Einleitung einer Dapson-Therapie sind regelmäßige Kontrollen des Methämoglobin- Werts erforderlich. Bei unserer Patientin zeigte sich ein hereditärer Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel, so dass wir eine Monotherapie mit Prednisolon 30 mg Tbl. (0,5 mg/kg Körpergewicht) täglich ausschleichend einleiteten. Im Verlauf begannen wir zusätzlich eine immunsuppressive Therapie mit Azathioprin mit bis zu 200 mg (3 mg/kg Körpergewicht). Hierunter zeigte sich trotz elf Monaten Therapie eine unverändert hohe Krankheitsaktivität.

Deshalb leiteten wir zusätzlich zur Therapie mit Azathioprin und niedrigdosiert Prednisolon eine Behandlung mit Colchicin 0,5 mg dreimal täglich ein. Hierunter zeigte sich eine deutliche Verbesserung des Hautzustandes und eine Reduktion des Juckreizes. Colchicin bewirkt eine Inhibition der Neutrophilen-Chemotaxis, reduziert die endothelialen Bindungsfähigkeiten von neutrophilen Granulozyten, inhibiert lysosomale Enzyme durch Regulation der cAMP-Spiegel und hemmt die Immunglobulinsekretion [7]. Dosisabhängige Nebenwirkungen sind vorübergehende Diarrhoe und Bauschmerzen sowie seltener neuromyopathische Beschwerden und Niereninsuffizienz. Bis auf anfängliche Blähungen und weichen Stuhl wird die Therapie von unserer Patientin gut vertragen.
Weitere, in Einzelfällen beschriebene Therapieoptionen für den IgA-Pemphigus sind Acitretin, Isotretinoin, PUVA sowie Mycophenolatmofetil, Methotrexat und Cyclophosphamid [4, 8].

Der hier beschriebene Fall zeigt, dass der IgA-Pemphigus eine diagnostische Herausforderung darstellt. Bei klinischem Verdacht auf eine Impetigo, aber fehlendem Keimnachweis ist der IgA-Pemphigus differenzialdiagnostisch zu erwägen. Da andere Erkrankungen mit subkornealer Blasen-/Pustelbildung histologisch oft nicht sicher abgegrenzt werden können, ist die Durchführung einer direkten Immunfluoreszenz sowie einer indirekten Immunfluoreszenz auf Affenösophagus unerlässlich. Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung erfolgt die Therapieentscheidung individuell, nach Abwägung von Kontraindikationen, Leidensdruck und möglichen Medikamentennebenwirkungen.

Interessenkonflikt
Keiner.

Literatur
1 Varigos GA. Subcorneal pustulosis with IgA abnoramlities in serum and small bowel mucosa: case report. Australas J Dermatol 1979; 20 : 75 – 7.
2 Wallach D, Foldes C, Cottenot F. [Subcorneal pustulosis, superficial acantholysis and monoclonal IgA]. Ann Dermatol Venereol 1982; 109 : 959 – 63.
3 Kneisel A, Hertl M. Autoimmune bullous skin diseases. Part 1: Clinical manifestations. J Dtsch Dermatol Ges 2011; 9 : 844 – 56; quiz 57.
4 Tsuruta D, Ishii N, Hamada T et al. IgA pemphigus. Clin Dermatol 2011; 29 : 437 – 42.
5 Kern JS, Gehring W, Kreisel W et al. Overlap of IgA Pemphigus and Linear IgA Dermatosis in a Patient with Ulcerative Colitis: A Mere Coincidence? Acta Derm Venereol 2014; 94 ( 2 ): 228 – 30.
6 Monshi B, Richter L, Hashimoto T et al. [IgA pemphigus of the subcorneal pustular dermatosis type. Successful therapy with a combination of dapsone and acitretin]. Hautarzt 2012; 63 : 482 – 6.
7 Hodak E, Lapidoth M, David M. Effect of colchicine in the subcorneal pustular dermatosis type of IgA pemphigus. J Am Acad Dermatol 1999; 40 : 91 – 4 . 8 Kneisel A, Hertl M. Autoimmune bullous skin diseases. Part 2: diagnosis and therapy. J Dtsch Dermatol Ges 2011; 9 : 927 – 47.

 

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