Diagnose

Diagnose:

Disseminierte Tungiasis

Weitere diagnostische Abklärung, Behandlung und klinischer Verlauf
Nachdem die Diagnose einer disseminierten Tungiasis gestellt wurde, wurden bei der Patientin mittels Kürettage alle Läsionen entfernt. Die dabei entstandenen Hohlräume wurden gründlich mit Wasser und Seife gereinigt. Es wurden Antibiotika topisch appliziert und eine Tetanus Immunisierung verabreicht. Die Patientin kehrte nach Hause in eine abgelegene Dschungelregion Perus zurück und wurde anschließend nicht weiter nachbeobachtet.

Diskussion
Die Tungiasis ist eine ektoparasitäre Hauterkrankung, bei der sich ein Weibchen einer invasiven Sandflohart (Tunga penetrans oder seltener Tunga trimamillata) in die Epidermis von Säugetieren einnistet, wo es wochenlang verbleibt und ein charakteristisches, juckendes und zartes Knötchen entwickelt [1, 2]. Die Tungiasis tritt in Gebieten mit mangelhaften Hygiene-Bedingungen auf und ist endemisch in ländlichen, tropischen Regionen in Lateinamerika, der Karibik, Afrika und Asien. In letzter Zeit ist sie zu einer diagnostischen Herausforderung geworden, die immer häufiger bei Reisenden auftritt, die aus diesen Gebieten wieder nach Hause zurückkehren [3].
Die Diagnose beruht auf einer Kombination aus charakteristischen klinischen Befunden, dem Erkennen von Risikofaktoren und der Identifizierung des Sandflohs anhand von Biopsie-Material oder einer mikroskopischen Untersuchung der Haut. Patienten, die aus endemischen Gebieten stammen oder diese durchqueren, berichten häufig von Spaziergängen ohne ein geschlossenes Schuhwerk oder von einem Zusammenleben mit Tieren wie Schweinen, Schafen, Ziegen, Katzen oder Hunden, die bekanntlich häufige Überträger von Sandflöhen sind [1, 2].
Die klinischen Befunde werden nach den Fortaleza-Kriterien in fünf Stadien eingeteilt, die dem Lebenszyklus des in der Haut sitzenden Flohs entsprechen [1, 2]. Stadium eins ist gekennzeichnet durch eine rot-braune Makula und einem zentralen dunklen Punkt, der dem Körper des Flohs entspricht. Während der Floh, bedingt durch die Ei-Produktion, anschwillt, bildet sich eine feste, juckende und zarte gelb-weiße Papel mit zentralen schwarzen Herden, die das zweite Stadium darstellt. Die Läsionen in diesem Stadium wurden mit Seepocken verglichen. Sieben Tage später treten Schrumpfung, Krustenbildung und braune Pigmentierung auf, die mit dem Ausstoßen der Eier einhergehen und damit das dritte Stadium abschließen. Das vierte Stadium beginnt mit dem Absterben des Flohs und der Rückbildung der ursprünglichen Läsion zu einer nekrotischen Kruste. Nach 4–5 Wochen erfolgt die Ausstoßung des Flohkörpers, die wiederum zu einer kreisförmigen, ausgestanzten Vertiefung mit umgebender ausgetrockneter Haut und einer nekrotischen Kruste führt, wodurch das fünfte Stadium abgeschlossen wird. Die Tungiasis befällt vorwiegend die Füße und die periunguale Haut der Zehen; aber auch der Befall von anderen Körperregionen (zum Beispiel Hände oder Ellenbogen) wurden in seltenen disseminierten Fällen berichtet [4].
Eine Biopsie oder eine mikroskopische Untersuchung der Haut mittels eines Mineralölpräparates des zentralen schwarzen Punktes der Läsion identifiziert typischerweise die Reste eines Flohs, einschließlich des Exoskeletts, der Eier oder der inneren Organe wie des Verdauungstrakts oder der Trachea. Begleitende Hyperkeratose, Parakeratose, Akanthose und ein gemischtes entzündliches Infiltrat aus Neutrophilen, Lymphozyten und Eosinophilen sind ebenfalls vorhanden [4, 5].
Obwohl die Tungiasis selbstlimitierend ist, erfordert dieBehandlung zur Verringerung der Morbidität und des Risikos einer Sekundärinfektion eine chirurgische Entfernung des Flohs via Kürettage oder Stanz-/Shape-Entfernung [6, 7]. Die entstandene Höhle sollte gründlich gereinigt werden, und es sollten Antibiotika topisch appliziert und eine Tetanusimpfung verabreicht werden, da das Risiko einer Sekundärinfektion besteht. Bei unserer Patientin wurden diese Maßnahmen, wie beschrieben, ohne weitere Komplikationen durchgeführt. Zusätzliche Behandlungsmethoden wie topisch angewandtes Dimethicon können bei der Eliminierung der Parasiten hilfreich sein [7]. Die orale Gabe von Ivermectin ist jedoch nicht wirksam. Vorbeugung ist der Schlüssel die Verwendung von geschlossenem Schuhwerk ist eine wesentliche Maßnahme in endemischen Regionen.

Danksagung
Wir danken der Patientin für die Genehmigung die Fotografien zu veröffentlichen.

Interessenkonflikt
Keiner.

Literatur
1 Eisele M, Heukelbach J, Van Marck E et al. Investigations on the biology, epidemiology, pathology and control of Tunga penetrans in Brazil: I. Natural history of tungiasis in man. Parasitol
Res 2003; 90(2): 87–99.
2 Feldmeier H, Heukelbach J, Ugbomoiko US et al. Tungiasis–a neglected disease with many challenges for global public health. PLoS Negl Trop Dis 2014; 8(10): e3133.
3 Rongisch R, Schmidt E, Deresz N et al. Travel-associated infectious skin diseases. J Dtsch Dermatol Ges 2020; 18(7): 730–3.
4 Heukelbach J, Wilcke T, Eisele M et al. Ectopic localization of tungiasis. Am J Trop Med Hyg 2002; 67(2): 214–6.
5 Feldmeier H, Eisele M, Van Marck E et al. Investigations on the biology, epidemiology, pathology and control of Tunga penetrans in Brazil: IV. Clinical and histopathology. Parasitol Res
2004; 94(4): 275–82.
6 Heukelbach J, de Oliveira FA, Hesse G et al. Tungiasis: a neglected health problem of poor communities. Trop Med Int Health 2001; 6(4): 267–72.
7 Coates S, Thomas C, Chosidow O et al. Part II – Ectoparasites: Pediculosis and Tungiasis. J Am Acad Dermatol 2020; 82(3): 551–69.

Die Diagnosequizze werden uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom 
"Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft" © Deutsche Dermatologische Gesellschaft