Diagnose

Ulzerierendes Angiosarkom des Capillitiums

Diskussion
Das Angiosarkom ist mit einem Anteil von 1–2 % aller Weichteilsarkomen ein seltener, hochmaligner, von den Endothelzellen ausgehender Tumor [ 1, 2 ] . Das Auftreten dieses Tumors ist grundsätzlich in jeder Lokalisation möglich, dabei sind die Prädelektionsstellen des Angiosarkoms die oberflächlichen Weichteile und die Haut, insbesondere im Kopf- und Gesichtsbereich [ 3, 4 ] . Das Angiosarkom tritt sowohl als Primärerkrankung als auch sekundär als Folge einer Radiotherapie oder eines chronischen Lymphödems mit einer Latenz von fünf bis 15 Jahren auf und betrifft dann meist Frauen nach radikaler Mastektomie bei Mammakarzinom [ 5, 6 ] . Das primäre kutane Angiosarkom tritt typischerweise im mittleren Alter von 65–75 Jahren auf, dabei wird das männliche Geschlecht bevorzugt [ 4, 7, 8 ].

Die Diagnose wird durch die histopathologische Untersuchung der Biopsien gesichert. Zur weiteren Ausbreitungsdiagnostik beim Angiosarkom ist der individualisierte Einsatz bildgebender Verfahren erforderlich [ 9 ]. Die TNM (tumor-node-metastasis)-Stadieneinteilung erfolgt gemäß dem AJCC Staging System for Soft Tissue Sarcomas [ 10 ].

Das Angiosarkom metastasiert sowohl lymphogen als auch hämatogen. Die häufigste Lokalisation von Metastasen stellt die Lunge dar [ 4 ] . Die Therapie der Wahl des Angiosarkoms beinhaltet die chirurgische Sanierung des Tumors sowie die postoperative adjuvante Radio- und Chemotherapie [ 4, 8, 9 ] . Eine R0-Resektion des Tumors ist nicht immer möglich. Der häufi gste Grund dafür ist die problematische anatomische Lokalisation im Kopf- bzw. Gesichtsbereich.

Allerdings sind auch bei einer In-sano-Exzision mit großem Sicherheitsabstand die Rezidivraten hoch. Die Prognose des Angiosarkoms ist im Allgemeinen schlecht mit Fünfjahresüberlebensraten von ca. 12–34 % [ 2, 4 ] . Zu den prognostischen Faktoren werden die Tumorgröße und -dicke, die positiven mikroskopischen und makroskopischen Tumorränder, das Vorliegen der regionalen und Fernmetastasen sowie Tumorrezidive gezählt [ 2, 4, 8 ] .

In unserem Fall handelte es sich um ein primäres kutanes Angiosarkom. Die Staging-Untersuchungen (Computertomographie von Kopf, Hals, Thorax und Abdomen) erbrachten zunächst keinen Nachweis von regionalen bzw. Fernmetastasen, so dass eine Exzision des Tumors angestrebt wurde. Unser Patient lehnte eine chirurgische Sanierung ab. Daher wurde eine kurative Radiotherapie mit einer Gesamtdosis von 60 Gy bei täglicher Einzeldosis von 2 Gy über einen Zeitraum von sechs Wochen geplant. Zwei Wochen nach Einleitung der Radiotherapie entwickelte der Patient multiple rezidivierende Episoden eines spontanen Pneumothorax ein- und beidseitig, so dass wiederholt Hospitalisationen und Therapien mit Thoraxdrainagen notwendig waren.

Während eines stationären Aufenthaltes bildete sich ein Weichteilemphysem. Trotz mehrerer Thorakotomien mit Pleurodese kam es im weiteren Verlauf zum Exitus letalis bei respiratorischer Globalinsuffizienz mit Multiorganversagen. Histologisch konnten in einem Pleuraexzidat vom linken Lungenoberlappen Metastasen des Angiosarkoms nachgewiesen werden. Diese waren vermutlich für die Entwicklung der Pneumothoraces verantwortlich.

Zusammenfassend stellen wir den Fall eines kutanen Angiosarkoms vor, der sich klinisch als nicht-heilende Wunden am Kapillitium manifestierte. Der vorliegende Fall unterstreicht die Notwendigkeit einen malignen Tumor als Differenzialdiagnose bei nicht-heilenden Wunden einzubeziehen, auch wenn die Anamnese des Patienten für Neoplasien unauffällig ist.

Interessenkonflikt
Keiner.

Literatur
1 Maddox JC , Evans HL . Angiosarcoma of skin and soft tissue: a study of forty-four cases . Cancer 1981 ; 48 ( 8 ): 1907 – 21 .
2 Fury MG , Antonescu CR , Van Zee KJ et al. A 14-year retrospective review of angiosarcoma: clinical characteristics, prognostic factors, and treatment outcomes with surgery and chemotherapy . Cancer J 2005 ; 11 ( 3 ): 241 – 7 .
3 Holden CA , Spittle MF , Jones EW . Angiosarcoma of the face and scalp, prognosis and treatment . Cancer 1987 ; 59 ( 5 ): 1046 – 57 .
4 Abraham JA , Hornicek FJ , Kaufman AM et al. Treatment and outcome of 82 patients with angiosarcoma . Ann Surg Oncol 2007 ; 14 ( 6 ): 1953 – 67 .
5 Dossett LA , Harrington M , Cruse CW , Gonzalez RJ . Cutaneous angiosarcoma . Curr Probl Cancer 2015 ; 39 ( 4 ): 258 – 63 .
6 Huang J , Mackillop WJ . Increased risk of soft tissue sarcoma after radiotherapy in women with breast carcinoma . Cancer 2001 ; 92 ( 1 ): 172 – 80 .
7 Pawlik TM , Paulino AF , McGinn CJ et al. Cutaneous angiosarcoma of the scalp: a multidisciplinary approach. Cancer 2003 ; 98 ( 8 ): 1716 – 26 .
8 Morgan MB , Swann M , Somach S et al. Cutaneous angiosarcoma: a case series with prognostic correlation . J Am Acad Dermatol 2004 ; 50 ( 6 ): 867 – 74 .
9 Vogt T , Brockmeyer N , Kutzner H , Schöfer H . Brief S1 guidelines – Cutaneous angiosarcoma and Kaposi sarcoma . J Dtsch Dermatol Ges 2013 ; 11 ( Suppl 3 ): 2 – 9 , 2–10.
10 Edge SB , Byrd DR , Compton CC et al. (eds.). AJCC Cancer Staging Manual , 7th ed. , Springer , New York , 2010 .

 

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