Diagnose

Diagnose:
Erworbene dermale Melanozytose

Diskussion
Die dendritischen dermalen Melanozytosen umfassen eine Vielzahl von Hautveränderungen, die klinisch unterschied-lich, aber histologisch ähnlich sind. Mikroskopisch findet man eine spärliche Population intradermaler dendritischer, pigmentierter, spindeliger Melanozyten zwischen den Kol-lagenfaserbündeln [1, 2]. Die Melanozyten zeigen eine Im-munreaktivität für S-100-Protein, Melan-A und HMB-45 [1, 2]. In unserem Fall konnten wir darüber hinaus eine Positivität für SOX10 zeigen. Dies war insofern zu erwarten, als SOX10 ein sehr empfindlicher Marker für melanozytäre Läsionen bei immunhistochemischen Färbungen mit Me-lan-A ist [3].
Die Unterscheidung zwischen kongenitalen und er-worbenen Formen der dermalen Melanozytose ist rein kli-nisch, wobei die angeborenen Varianten deutlich häufiger vorkommen [2]. Sie umfassen einerseits den Naevus Ito, der im Bereich der Schulter, aber auch supraklavikulär, am Hals und am Arm lokalisiert sein kann, und andererseits den Naevus Ota, der sich im Versorgungsbereich des Tri-geminusnervs entlang der Aufteilung des Augen- (Nervus ophthalmicus) und des Oberkieferastes (Nervus maxillaris) findet und die bulbäre und die palpebrale Bindehaut sowie die Sklera betreffen kann, aber auch Areale im Bereich von Schläfe, Stirn, Nase, Kopfhaut, Ohr und Mund miteinbeziehen kann. Letztlich gehört auch der Mongolenfleck, der sich meist in der lumbosakralen Region befindet, zu dieser Gruppe [1, 4]. Die Läsionen sind definitionsgemäß in der Regel bei der Geburt vorhanden, aber sowohl der Naevus Ota als auch der Naevus Ito können sich in den ersten Lebensjahren oder sogar noch während der frühen Adoles-zenz entwickeln [4].
Erworbene dermale Melanozytosen ähneln den kon-genitalen insofern, als sie beide grau-blaue oder braune Maculae aufweisen, die nicht klar begrenzt sind, sich aber hinsichtlich ihrer Topografie und/oder ihres Alters beim Ausbruch unterscheiden [2, 4]. Es existiert eine topographische Subgruppenklassifikation, die allerdings hinsichtlich der Nosologie vermutlich keine Relevanz besitzt: erwor-bene dermale Melanozytose der Nase, der Hände, des Rü-ckens, am Torso, am Handgelenk sowie im Gesicht und an den Beinen [5]. Für die Praxis wird von mehreren Autoren eine pragmatischere Einteilung in faziale und extrafaziale Varianten vorgeschlagen [2, 5]. Erworbene dermale Mela-nozytosen ähneln dem Naevus Ota und manifestieren sich am häufigsten als Maculae im Bereich beider Gesichtes [6]. Sie sind bei Frauen wesentlich häufiger als bei Män-nern und manifestieren sich meist im Alter zwischen 30 und 40 Jahren. Extrafaziale Formen der erworbene dermalen Melanozytosen treten später auf (in einem mittleren Alter von etwa 46 Jahren) und betreffen Männer (wie unseren Patienten) häufiger [2]. Erworbene dermale Melanozytosen sind bei Menschen kaukasischer Abstammung sehr selten, und unseres Wissens ist dies erst der zweite beschriebene Fall einer isolierten erworbenen dermalen Melanozytose auf dem Rücken eines Mannes kaukasischer Abstammung [2, 7]. Eine typische Eigenschaft der extrafazialen erwor-benen dermalen Melanozytose ist, dass sie nicht mehr zu-rückbildet, ohne jedoch maligne zu entarten. Neben der angeborenen dermalen Melanozytose kommen weitere Differenzialdiagnosen in Betracht: post-inflammatorische Hyperpigmentierung, Melasma, Melanom, Riehl-Mela-nose und medikamenteninduzierte Hyperpigmentierung [4, 8–10]. Alle diese Diagnosen lassen sich durch eine histo-logische Untersuchung ausschließen.
Die Pathogenese der erworbenen dermalen Melanozyto-se ist unbekannt. Eine der verbreitetsten Theorien ist, dass es sich um eine Reaktivierung bereits vorhandener latenter dermaler Melanozyten handelt [2, 11]. Es ist nicht bekannt, welche Faktoren eine solche Migration der Melanozyten aus-lösen. Lokale Traumata und Entzündungen, Sonnenexpositi-on und die Einnahme von Östrogenen und/oder Gestagenen werden häufig als potenzielle Triggerfaktoren genannt [12]. Die Vielzahl der genannten Triggerfaktoren ist der großen Unsicherheit über ihre tatsächliche Bedeutung geschuldet. Andere geäußerte Theorien beinhalten ein „Drop off“ der epidermalen Melanozyten oder die Migration von Melano-zyten aus dem Haarfollikel [2, 11]. Eine genetische Veranlagung spielt definitiv eine Rolle in der Pathogenese, denn die erworbene dermale Melanozytose ist bei Menschen asiati-scher Herkunft signifikant häufiger [4, 11].
Die Therapie ist schwierig und erfolgt meist mittels selektiver Photothermolyse mit einem Nd:YAG-Laser oder ei-nem Rubin-Laser im Q-Switch-Modus [2, 5]. Die ästhetische Therapie ist hauptsächlich bei Veränderungen an exponier-ten „sichtbaren“ Stellen wie dem Gesicht oder den Händen indiziert. Die meisten Patienten lehnen eine Behandlung ab, wenn sich die Hautveränderungen an anderer Stelle des Körpers befinden – so auch unser Patient.

Interessenkonflikt
Keiner.

 

Literatur

1 Navarro NL, Orland AF, Garrido EC et al. Unusual acquired dermal melanocytosis on the trunk. Int J Dermatol 2008; 47(3): 307–8.
2 Mataix J, López N, Haro R et al. Late-onset Ito's nevus: an uncommon acquired dermal melanocytosis. J Cutan Pathol 2007; 34(8): 640–3.
3 Danga ME, Yaar R, Bhawan J. Melan-A positive dermal cells in malignant melanoma in situ. J Cutan Pathol 2015; 42(6): 388–93.
4 Chuah SY, Ghorbel HH, Lacour J-P, Passeron T. Acquired dermal melanocytosis of the nose. J Eur Acad Dermatol Venereol 2015; 29(4): 827–9.
5 Kosumi H, Miyauchi T, Nomura T et al. Diagnostic features of acquired dermal melanocytosis of the face and extremities. Clin Exp Dermatol 2018; 43(7): 806–9.
6 Hyun DJ, Kim DH, Yoon MS, Lee HJ. Acquired dermal melanocytosis occurring in a patient with hypohidrotic ectodermal dysplasia. Ann Dermatol 2016; 28(6): 785–7.
7 Flores L, Burillo-Martínez S, Rodríguez Peralto JL, Rivera-Díaz R. Acquired dermal melanocytosis on the back of a patient with psoriasis. Actas Dermosifiliogr 2018; 109(9): 839–41.
8 Dinkel G, Kofler L, Sönnichsen K et al. Element-specific analysis of a hyperpigmentation caused by levofloxacin therapy. J Dtsch Dermatol Ges 2017; 15(9): 949–51.
9 Kasper RS, Flueckiger B, Gobbi S et al. Hydroxychloroquineinduced hyperpigmentation. J Dtsch Dermatol Ges 2014; 12(2): 158–61.
10 Krause W. Drug-induced hyperpigmentation: a systematic review. J Dtsch Dermatol Ges 2013; 11(7): 644–51.
11 Nakauchi E, Oka M, Fukumoto T et al. Acquired dermal melanocytosis confined to the palm with a review of published cases of acquired dermal melanocytosis on the hands.  J Dermatol 2016; 43(6): 701–5.
12 Chen X, Zhang Q, Chen L. Acquired dermal melanocytosis on the back. Clin Exp Dermatol 2015; 40(1): 86–8.

Die Diagnosequizze werden uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom 
"Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft" © Deutsche Dermatologische Gesellschaft