Diagnose

Komedonenvariante eines Morbus Darier


Diskussion
Basierend auf dem klinischen Erscheinungsbild und dem histologischen Befund wurde bei der Patientin die Komedonenvariante eines Morbus Darier diagnostiziert. Der Morbus Darier ist eine autosomal-dominant vererbt Genodermatose, die sich durch das Auftreten von Papeln und bräunlichen Keratosen insbesondere in den seborrhoischen Arealen manifestiert. Weiterhin treten Nageldystrophien, palmoplantare Vertiefungen und mukosale Beteiligungen auf.
       Die Inzidenz liegt zwischen 1/30000 und 1/100000 [ 1 ]. Die Krankheit wird durch eine Mutation im ATP2A2 -Gen (Chr12q23-24) verursacht, welches für die Kalziumpumpe des sarkoplasmatischen/endoplasmatischen Retikulums (SERCA2 ) kodiert und in einer abnormen epidermalen Differenzierung und Verhornung resultiert [ 2 ].
       Durch den Mangel an Calcium im endoplasmatischen Retikulum kommt es zur Störung der posttranslationalen Prozessierung und des Exports von Proteinen zur Plasmamembran. Strukturell veränderte Cadherine und Desmoplakine können im endoplasmatischen Retikulum nachgewiesen werden, weshalb von einer Retention ausgegangen wird.
       Bei einer Beteiligung des Haarfollikels können sich große Komedonen im Gesichtsbereich und am oberen Rumpf entwickeln. Histologisch zeigt das dilatierte Follikelinfundibulum ein akanthotisches Epithel mit Hyperkeratose, fokaler kolumnarer Parakeratose mit länglichen dyskeratotischen Zellen (grains) sowie isolierten dyskeratotischen Zellen mit klarem perinuklearen Zytoplasma (Corps ronds) über einer suprabasalen Akantholyse. Zusätzlich zu dem typischen klinischen Erscheinungsbild wird die Diagnose durch die Histologie bestätigt. Ein warziges Dyskeratom könnte histologisch ähnlich aussehen. Letzteres ist allerdings eher zystisch, tritt spontan als einzelne Läsion auf und weist keine Keimbahnmutation im ATP2A2 -Gen auf.
       Bis jetzt wurden in der Literatur 14 Fälle der Komedonenvariante eines Morbus Darier beschrieben [ 3–13 ] . In einer genetischen Untersuchung, die bei zwei dieser Patienten durchgeführt wurde, konnte bei einem Patienten eine Mutation im ATP2A- Gen nachgewiesen werden [ 4 ] ; bei dem anderen Patienten lag keine Mutation vor [ 5 ] . Das ATP2A- Gen hat 21 Exone; bisher sind über 180 verschiedene Mutationen bekannt. Die häufigsten Mutationen betreffen Aminosäuresubstitutionen; es wurden aber auch Punktmutationen, Deletionen und Spleißinsertionen beobachtet. Die Mutationen treten hauptsächlich nahe des 5'- und 3'-Terminus des Gens auf [ 14 ] .
       Bei dem zweiten Patienten wurde eine Mutation in einer nicht untersuchten Sequenz vermutet. Zu den wichtigen Triggerfaktoren des Morbus Darier gehören Lithium [ 15 ], Schwitzen und Hitze, Hautinfektionen und im Besonderen UV(B)-Licht, welches das Enzym Cyclooxygenase aktiviert [ 16 ]. Prostaglandin E2 führt zu einer Herabregulierung von ATP2A2 . Allerdings wurde der genaue Mechanismus der PGE2-induzierten Herabregulierung von ATP2A2 bisher noch nicht beschrieben [ 17 ].
       Die Therapie der Komedonenvariante des Morbus Darier ist schwierig. Empfehlenswert ist sowohl eine topische wie systemische Therapie mit Retinoiden (Acitretin and Alitretinoin) [ 18 ] . Alitretinoin agiert als „Pan-Agonist“ für die zwei nukleären Retinoidrezeptoren (Retinoid X-Rezeptor und Retinoidsäure-Rezeptor). Die Bindung an den Retinoidrezeptor in der Promoterregion führt zur Transkription verschiedener Gene. Zusätzlich zu den anti-entzündlichen Effekten hat dies eine regulatorische Wirkung auf Proliferation, Differenzierung und Apoptose der Keratinozyten [ 19 ]. Weitere therapeutische Optionen sind ablative Verfahren, wie eine Behandlung mit dem CO 2 -Laser oder die Durchführung einer Dermabrasion    [3,20 ]. Topisches Diclofenac hat ebenfalls zu positiven Ergebnissen geführt. Es wird angenommen, dass ein Anstieg von PGE2 zu einer reduzierten Expression von ATP2A2 und SERCA2 führt. Bei dem Diclofenac-Gel basiert seine therapeutische Wirkung auf der Hemmung der Cyclooxygenase [16].
       Bei unserer Patientin führte die Behandlung mit Acitretin (Neotigason ® , 10 mg/täglich) in Kombination mit topischem Tretinoin (Cordes VAS ® , zweimal täglich) nach sechs Monaten zu einer guten klinischen Verbesserung (Abbildung 3 ).

Interessenkonflikt: Keiner.

Literatur
1 Song J , Li M , Yang LJ , Zhang GL . Identification a novel missense mutation p.R761L in Chinese patients with Darier’s disease . Arch Dermatol Res 2010 ; 302 : 311 – 4 .
2 Savignac M , Simon M , Edir A et al. SERCA2 dysfunction in Darier disease causes endoplasmic reticulum stress and impaired cell-to-cell adhesion strength: Rescue by Miglustat . J Invest Dermatol 2014 ; 134 : 1961 – 70 .
3 Chung J , Kim JY , Gye J et al. A Case of Familial Comedonal Darier’s Disease . Ann Dermatol 2011 ; 23 : 398 – 401 .
4 Tsuruta D , Akiyama M , Ishida-Yamamoto A et al. Three-base deletion mutation c.120_122delGTT in ATP2A2 leads to the unique phenotype of comedonal Darier disease . Br J Dermatol 2010 ; 162 : 687 – 9 .
5 Lora V , Cota C , Grammatico P et al. Comedonal Darier disease: report of 2 cases . J Am Acad Dermatol 2013 ; 69 : 307 – 9 .
6 Assaf M , Salah E . Comedonal Darier’s Disease: A rare variant and a common misdiagnosis . Clin Exp Dermatol Res 2015 ; 6 : 261 .
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8 Derrick EK , Darley CR , Burge S . Comedonal Darier’s disease. Br J Dermatol 1995 ; 132 : 453 – 5 .
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11 Yegin F , Yueksel N , Eken A et al. Comedonal Darier’s disease associated with syringocystadenoma papilliferum: Case report . TurkiyeKlinikleri J Med 2007 ; 27 : 286 – 9 .
12 Goel K , Sarkar R , Garg VK , Nair V . Comedonal Darier disease: A case report . J Am Acad Dermatol 2012 , Poster reference number: 5171.
13 Kurokawa I , Tsuruta D , Tsubura A , Mizutani H . Keratin and filaggrin expression in comedonal Darier’s disease . J Dermatol 2011 ; 38 : 1089 – 92 .
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15 Süle N , Tészás A , Kálmán E et al. Lithium suppresses epidermal SERCA2 and PMR1 levels in the rat . Pathol Oncol Res 2006 ; 12 : 234 – 6 .
16 Millan-Parrilla F , Rodrigo-Nicolas D , Moles-Poveda P et al. Improvement of Darier disease with diclofenac sodium 3 % gel . J Am Acad Dermatol 2014 ; 70 : 89 – 90 .
17 Kamijo M , Nishiyama C , Takagi A et al. Cyclooxygenase-2 inhibition restores ultraviolet B-induced downregulation of ATP2A2/SERCA2 in keratinocytes: possible therapeutic approach of cyclooxygenase-2 inhibition for treatment of Darier disease . Br J Dermatol 2012; 166,1017 – 22 .
18 Burge S. Management of Darier’s disease . Clin Exp Dermatol 1999 ; 24 : 53 – 6 .
19 Letulé V , Herzinger T , Ruzicka T , Molin S . Treatment of Darier disease with oral alitretinoin . Clin Exp Dermatol 2013 ; 38 : 523 – 5 .
20 Tsiogka A , Stückler C , Prodinger C , Koller J . Condyloma-like Darier’s disease of the inguinal region: resolution after surgical excision and CO laser ablation. J Dtsch Dermatol Ges 2015 ; 13 : 1180 – 4 .
 

 

Die Diagnosequizze werden uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom 
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