Kommunikation: Mehr als Reden und Zuhören

„Man kann nicht nicht kommunizieren“ - das wohl bekannteste Axiom der Kommunikation stammt von dem ebenso bekannten Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick. Er will damit sagen, dass jede Kommunikation (nicht nur mit Worten) ein Verhalten ist und genauso wie man sich nicht nicht verhalten kann, kann man nach seiner Feststellung auch nicht nicht kommunizieren.

Um dies zu veranschaulichen, reicht ein Bick in ein Arzt-Wartezimmer:

Man stelle sich eine Frau vor , die die ganze Zeit nur auf den Boden starrt. Dies lässt zunächst vermuten, sie würde nicht kommunizieren. Dennoch tut sie es! Mit ihrer Haltung und ihrem Verhalten teilt sie den anderen Menschen im Wartezimmer nonverbal mit, dass sie keinerlei Kontakt möchte.

Im ersten Schritt bedeutet dies für uns schon eine Menge, denn es wird klar, dass wir jederzeit irgendeine Message an die Welt, die Menschen, Kunden oder Patienten senden – ob wir wollen oder nicht! Das kann sich passiv in der Optik der Praxis zeigen – Blumen oder keine Blumen, Bilder oder keine Bilder, rosa Wände, weiße Wände, offenes Konzept, geschlossenes Konzept ... Am dramatischsten aber wirkt sich dies auf jene aus, die mit bestimmten aktiven Kommunikationsformen aus Prinzip nichts zu tun haben möchten. Es ist aber auch nervig – Webseiten, Soziale Medien, Telefone, Smartphones und wo man sich noch überall tummeln kann! Sich privat zu verweigern ist eine Sache, eine vollkommen neue Überlegung wird es sobald man sich selbstständig macht, ein Unternehmen repräsentiert, wirtschaftlich handeln muss. Plötzlich ist es eine Botschaft, keine Website zu haben: „Ich will mich nicht zeigen.“ Plötzlich ist es ein Statement, keinen Facebook-Account zu haben: „Euer Feedback interessiert mich nicht.“ Kein Whatsapp, keine E-Mail: „Ich nutze nur meinen Kanal, nicht Euren, weil ich den doof finde.“ Ja, schon klar die eigentlichen Gründe sind eigentlich Zeitmangel oder fehlende technische Kompetenz. Vielleicht auch das Budget. Aber die Botschaft nach draußen wird ja nicht nur vom Sender bestimmt, sondern auch vom Empfänger interpretiert. Und wer sich der aktiven Kommunikation verweigert, der hat keinen Einfluss auf die Interpretation. Apropos Einfluss: „Die anderen“ – also Kunden, Patienten, Mitmenschen, die kommunizieren „dort“ ja trotzdem. Dort, also auf Bewertungsportalen, Facebook, Google. Man stelle sich nun vor, wie aus einer harmlosen Frage nach den Öffnungszeiten via Facebook-Gruppe ein PR-Desaster wird:

User 1: „Weiß einer, wann Praxis XY geöffnet hat?“

User 2: „Ich glaube die haben Urlaub, da war so ein Aushang im Wartezimmer.“

User 1: „Aber draußen steht nichts dran.“

User 3: „Ist auch gar kein Anrufbeantworter geschaltet.“

User 4: „Da ist nie einer geschaltet, mit Information haben die es eh nicht so.“

User 3: „Stimmt, und wenn man mal durchkommt, sind sie unfreundlich.“

User 5: „Nicht nur die Helferin, der Dr. hat uns letztens auch nicht ernstgenommen.“

User 6: „Ich geh da sowieso nie hin, Dr. Sowieso ist eh viel besser.“

User 7: „Also wir sind immer bei Dr. Nachbarstadt, da gibt’s auch schneller Termine.“

...

Fassen wir zusammen: Urlaubszeit nicht ordentlich kommuniziert, Telefonanlage nicht auf dem neuesten Stand, vermutlich keine Website (zumindest keine auffindbare), nicht mitbekommen, was sich da auf Facebook zusammenbraut – Katastrophe! Da wurde an der Kommunikationsfront so einiges verbockt. Das Resultat sind abwandernde Patienten – und zwar nicht nur Kasse, sondern auch private und IGeL – die scheinbar bessere Konkurrenz wurde in dem oben beschrieben Thread (übrigens genauso passiert!) ja gleich mit benannt.

Nun soll dies kein Plädoyer für Facebook sein, sondern eher der Aufruf, sich über die eigene Kommunikation wirklich Gedanken zu machen. Als Praxisinhaber trägt man hier unternehmerische Verantwortung. Wo möchte ich präsent sein und wo nicht? Wie fange ich Nicht-Präsenz professionell auf und was bedeutet dies? Was sind meine jeweiligen Gründe? Ist ein Kommunikationskonzept rund und schlüssig und vor allem lückenlos, dann muss sich niemand mit nervigen Plattformen befassen, wenn er nicht will. Aber jeder kann.

Im Dezember 2019 ist dies übrigens wieder Teil unseres Workshops „Ambulantes Operieren“, vom 06.-07.12. in Fulda. Wir freuen uns auf Austausch und Diskussion!

Autorin: Kristin Rosenow. Kristin ist bei JuDerm die "PR-Frau". Die Fachfrau für Kommunikation ist für die Website-Redaktion zuständig und liefert Artikel über JuDerm an axterne Publikationen. Zudem betreut sie den JuDerm Facebook-Account und übernimmt auch sonst alles, was mit Text zu tun hat. 

Foto: universaldilletant