Selbstfürsorge im Berufsalltag – erholsamer Schlaf

Das wir jedes Handy regelmäßig aufladen müssen ist uns allen klar – aber wie ist es mit uns? Schaue ich mich unter Kollegen und auch Patienten um, so empfinde ich es häufig so, dass Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit von vielen als eine Art sich nicht erschöpfende Ressource wahrgenommen wird. Erstaunlicher noch: Obwohl wir alle spüren, dass dem nicht so ist, applaudieren wir vielbeschäftigten Kollegen und fragen uns insgeheim wie er/sie kontinuierlich so viel leisten kann. Leistung per Definition ist Arbeit pro Zeit. Beschäftigung um der Beschäftigung Willen kann also nicht per se mit Leistung gleichgesetzt werden. Hier kommt erholsamer Schlaf ins Spiel.

Dieses Jahr darf ich Euch mitnehmen in eine kleine Miniserie die ich „Selbstfürsorge im Berufsalltag“ nennen möchte. Hier werden wir gemeinsam Themen wie „erholsamen Schlaf“, „Sport & Bewegung“, „gesunde Ernährung“ entdecken. Ich habe mir in meinem ersten Berufsjahr 2021 viele Gedanken zur Strukturierung und Etablierung nachhaltiger Routinen gemacht. Häufig wird das erste Berufsjahr als besondere Herausforderung empfunden, steht es doch im klaren Kontrast zum Studentendasein, welches deutlich mehr Freiraum zur Selbststrukturierung lässt. Der Zuwachs an Verantwortung wird oftmals als sehr belastend empfunden. Im offenen Gespräch mit Kollegen und Freunden konnte ich von vielen verschiedenen Perspektiven und Erfahrungen profitieren und möchte diese nun gepaart mit ein paar Tipps aus den unten aufgeführten Büchern zum Thema Schlaf und Alltagsstrukturierung mit Euch teilen.

1. Tagesstruktur, kein Kaffee nach 16 Uhr, regelmäßige Bewegung

Interessanterweise haben die Beobachtungen von indigenen Bevölkerungsgruppen gezeigt, dass der Mensch von Grund auf ein biphasischer Schläfer ist. Da wir jedoch nicht in einem High-Tech Unternehmen beschäftigt sind, in dem Arbeitnehmern mittags in Schlafkojen die Möglichkeit eines Mittagsschläfchens geboten wird, sondern oftmals traurigerweise um 30-minütige Mittagspausen kämpfen müssen, fällt der Mittagsschlaf flach. Daher ist es umso wichtiger, neben den Bereitschaftsdiensten, eine gesunde Schlafroutine zu entwickeln. Die WHO empfiehlt acht Stunden Schlafgelegenheit pro Tag. Das heißt nicht, dass acht Stunden netto schlafend verbracht werden müssen, sondern die Gelegenheit dazu geschaffen werden sollte. Wichtig ist auch, dass ein über die Woche aufgebautes Schlafdefizit, nicht mit zwei Mal lange Schlafen am Wochenende adäquat ausgeglichen werden kann.

Grundsätzlich lässt sich jedoch festhalten, dass feste Schlafenszeiten den körpereigenen Schlaf-Wach-Rhythmus positiv unterstützen. Dauert das Einschlafen länger als 20-30 Minuten, empfiehlt es sich das Schlafzimmer zu verlassen und etwas Entspannendes zu tun – beispielsweise etwas zu lesen oder entsprechende Musik zu hören – bis der Punkt erreicht ist, an dem das Gefühl vorherrscht, nun gut einschlafen zu können.

Regelmäßige Bewegung sollte am besten in den Alltag integrierbar sein. Hierzu zählt unter anderem, soweit möglich, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren, bei Fahrt mit dem Auto/Bus etwas weiter weg zu parken/eine oder mehrere Haltestellen früher auszusteigen, Treppe statt Aufzug, Telefonate im Stehen führen.

2. Alkoholkonsum limitieren 

Alkohol kann das Einschlafen erleichtern, ist jedoch einer der stärksten Unterdrücker des REM (rapid-eye-movement) Schlafs. REM Schlaf gilt als einer der wichtigsten Abschnitte des Nachtschlafs.

3. Schlafzimmertemperatur 

Am besten um die 18°C. Damit wir einschlafen können, reguliert unser Körper die Temperatur um 2-3°C herab. Wird eine entsprechende Raumtemperatur ermöglicht, erleichtern wir unserem Körper diesen Prozess.

4. psychischer Gesundheitsschutz 

Ist das Ein- oder Durchschlafen aufgrund von langen To-Do-Listen oder Sorgen bereits nicht mehr möglich, so kann nachts ein Notizblock helfen auf dem Gedanken oder Aufgaben festgehalten werden können. Prinzipiell ist es aber wünschenswert, dass psychischer Gesundheitsschutz präventiven Charakter erlangt. Die Dunkelziffer der Schlafdeprivierten im Gesundheitssystem ist enorm. Ein chronischer Schlafmangel kann sich unter anderem mit reduzierter körperlicher und mentaler Leistungsfähigkeit, allgemeiner Abgeschlagenheit, einer erhöhten Infektanfälligkeit und einer depressiven Verstimmung einhergehen. Dieser Zustand wird oftmals als „normal“ und unausweichlich wahrgenommen.

Voraussetzungen für eine gelungene Psychohygiene ist die Erfassung der eigenen psychischen und körperlichen Belastungsfaktoren und die eigene Reaktion auf das wahrgenommene. Je nach persönlicher Präferenz und Situation stehen dann verschiedene Strategien zur Auswahl: Entspannungs- und Aktivierungsverfahren, Selbstbelohnung nach erbrachten Leistungen, Kreativität.

Welche Strategien oder Routinen helfen Euch den (Berufs-)Alltag zu meistern?

Ich bin gespannt auf Eure Antworten!

Eure Regina

 

Referenzen:

1 Why We Sleep: Unlocking the Power of Sleep and Dreams; Matthew Walker

2 Essentialism; Greg McKeown

3 Atomic Habits; James Clear

4 Principles; Ray Dalio

5 www.mayoclinic.org/healthy-lifestyle/adult-health/in-depth/sleep/art-20048379