Workshop Ambulantes Operieren

Im Rahmen der Fit für die Praxis Reihe fand vergangenes Wochenende der Workshop „Ambulantes Operieren“ erstmalig Online via Zoom statt. 2020 war die Durchführung in Präsenz pandemiebedingt nicht erfolgt – dieses Jahr nun erstmalig online. Durch den Auftakt am Freitag, den 03.12. führte uns der leitende Oberarzt der Hautklinik des Klinikums Ludwighafen: Dr. Christoph Löser. Herr Dr. Löser organisiert Kurse dieser Art bereits seit 1999 – empfiehlt aber auch Tageshospitationen und betreut selbst regelhaft Hospitant:Innen in seiner Abteilung. Für Anfänger eignen sich aber auch Naht- und Lappenkurse, für Fortgeschrittene zudem Mousepad-Kurse und OP-Seminare.

Gegliedert ist der Workshop in mehrere Module von ca. 20-30 Minuten Länge: Formulieren der Lernziele, Vorbereitung, Biopsietechniken (Tipps und Tricks), Knoten und Nahttechnik mit praktischen Übungen, Vom Defekt zum Verschluss, Sicherheitsaspekte, Fazit.

Schnell wird klar, Herr Dr. Löser ist medizindidaktisch gut geschult. Der Workshop beginnt mit einem Eyecatcher: Dem Fall eines stumpfen Anpralltraumas mit einem enoral resultierenden moderaten Weichteildefekt. Soweit – so spannend.

In Präsenz wie auch online erfolgt die Abstimmung der Themen und Festlegung der inhaltlichen Tiefe im Rahmen einer Art Stimmungsumfrage. Das Ergebnis: ca. 1/3 der Teilnehmer:Innen befinden sich in Weiterbildung, 2/3 haben die Facharztprüfung bereits erfolgreich abgelegt.

Nun zu den Lernzielen:

  1. Formulierung individueller Strategien für praktische Fragen
  2. Beschreibung und Begründung adäquater Techniken mit resultierendem komplikationsarmem Wundverschluss

Im Rahmen der Patientenführung und der damit verbundenen Aufklärung hat sich sowohl in Studien als auch in medias res der Einsatz edukativer Broschüren als hilfreich erwiesen 1. Laut Aussage der Autoren fühlen sich die Patienten bezüglich des Eingriffs selbst, als auch des Narbenrisikos, der Wundversorgung und generellen Risiken signifikant besser beraten und informiert. Im Zeitalter des informed consent und der Realität einer eng durchgetakteten Praxis-/Kliniksprechstunde ist das äußerst wertvoll!

Im Rahmen der Patientenzufriedenheit ist laut Dr. Löser auch die durch den Operateur beeinflusste Erwartungshaltung maßgeblich von Bedeutung. Vor dem Hintergrund des ärztlichen Wunsches, den Patienten nicht enttäuschen zu wollen (weder vor noch nach dem Eingriff), der Befürchtung des drohenden Patientenverlusts bei (berechtigt) bestehender Unzufriedenheit, stelle ich es mir oftmals anspruchsvoll vor, die eigene Standhaftigkeit zu wahren und die Patientensicherheit und das damit verbundene Patientenwohl als oberste Prämisse zu schützen.

Ein gutes Behandlungsergebnis fußt auf einem hohen Qualitätsstandard. Faktoren, die wir als Operateure und Inhaber einer dermatochirurgisch orientierten Praxis prägen können sind:

  • Nahttechnik
  • Knotentechnik
  • Etabliertes QM
  • Geschultes Personal

Im praktischen Teil des Kurses sprachen und demonstrierten wir zu Hause, in der Klinik, in der Praxis, in jedem Falle vor der Videokamera, verschiedene Naht- und Knotentechniken: den Weber-/Kreuzknoten, chirurgische Knoten, die Schmetterlingsnaht und weitere. Herr Dr. Löser begann dies mit einer grafikgestützten Erklärung (Bild/Video) und demonstrierte dies dann zudem vor der eigenen Kamera. Die Umsetzung gelang ihm nahtlos! ;-) Sowohl die Audio- als auch die Videoqualität waren hervorragend.

Oft diskutierte Fragen, wie Einzelknopf oder fortlaufend 2, aber auch praktische Hinweise, wie beispielsweise die richtige Handhabung und -haltung des Nadelhalters wurden besprochen. Die Dermatochirurgie besticht durch seine Feinheit und Freiheit. Besonders im ambulanten Bereich bietet dieser Bereich unseres Faches viel Gestaltungsspielraum. Mehr ist hier nicht immer mehr – im Rahmen der Rekonstruktion schwieriger ästhetischer Einheiten wie zum Beispiel im Bereich der Nasenspitze ist manchmal Mut zu den Basics gefragt. Eine komplexe Lappenplastik, mag sie noch so raffiniert daherkommen, kann einem Vollhauttransplantat unterlegen sein. Im Rahmen des Themenblocks „Wundverschluss“ besprachen wir neben den Grundelementen wie Entlastungsdreiecken, Hautreservoirs und bevorzugt traktionsarmen Arealen auch ästhetische Grenzen der (Wund-)Versorgung.

„The best surgeon knows when not to operate“

Sich der Möglichkeiten, aber auch der Grenzen der Dermatochirurgie bewusst zu sein, fällt in den Bereich Risikomanagement. Der an der falschen Lokalisation durchgeführte Eingriff „wrong site surgery“ stellt ein „voll beherrschbares Risiko“ dar. Effektives Risiko- und Qualitätsmanagement stellen mit geeigneten organisatorischen Maßnahmen, wie unter anderem einem Team-Time-Out beispielsweise unterstützt durch eine „Time-Out-Checkliste“ 3,4 sowie einer standardisierten Dokumentation wichtige Säulen einer qualitativ hohen Versorgung dar. Die zuvor schon thematisierte Erwartungshaltung unserer Patienten erfährt im Rahmen des Heilungsprozesses erneut Beachtung. Die durch Dr. Löser demonstrierte „Patient Experience Checklist“ 5 umfasst Maßnahmen, die in der Patientenbegegnung Vertrauen und Sicherheit fördern: Blickkontakt, Wahl der Laiensprache, Wahrnehmung nonverbaler Signale, reflektiertes Zuhören und auch eine gute Computer-Etikette werden immer wichtiger.

Nach diesem informativen und motivierenden ersten Workshop Tag, folgte am Samstag, den 04.12., Teil 2 des Workshops. Hier lag der Fokus auf der Schaffung adäquater und zum Erfolg führender Rahmenbedingungen. Dr. Grit Richter-Huhn, selbst ambulant praktizierende Kollegin aus Dresden, legte in ihrem Vortrag mit dem Titel „Von der Genehmigung bis zur Begehung – Welche Anforderungen muss ich erfüllen“ eindrucksvoll dar, welche Gesetze vom Gesetzgeber aktuell vorgegeben werden.

Im Rahmen erbrachter OP-Leistungen demonstrierte Dr. Pia Girbig, praktizierende Kollegin in eigener Praxis aus Mannheim, wie sowohl nach Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), als auch nach dem einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) abgerechnet werden darf. Wichtig ist es hier zu beachten, dass viele der niedergelassenen Kollegen nicht selbst operieren, jedoch in die postoperative Behandlung eingebunden sind. Auch hier sind einige Fallstricke zu beachten.

Kristin Rosenow, verantwortlich für PR & Communications hier bei JuDerm, führte gekonnt durch den Workshop und motivierte kontinuierlich durch eine natürliche Einbindung der im Chat erfassten Fragen zur Teilnahme und aktivem Gedankenaustausch der erfreulich großen Gruppe! In ihrem Vortrag „Kommunikation, Marketing und Außenwirkung“ durften wir von ihrer Expertise in diesem dynamischen und spannenden Bereich profitieren.

Zu guter Letzt ein Blick in den Spiegel und auf den Patienten. Unabhängig von der Erfahrung jedes Einzelnen profitieren wir alle von regelhaftem Austausch, kritischem Hinterfragen der eigenen Fähigkeiten – sei es die Indikationsstellung, das technische Know-How oder die Patientenführung.

In einer mehr und mehr virtuellen Welt im digitalen Zeitalter ist es klasse, dass Formate wie die Workshop Reihe von JuDerm uns zusammenbringen, lehren und lernen lassen. Dabei soll die klassische Präsenzveranstaltung nicht in Gänze ersetzt, sondern wie hier geschehen durch sinnvolle digitale Elemente bereichert – und vorübergehend getragen – werden. So können Lehr- und Lernräume für zeitliches und räumlich flexibles Lernen geschaffen werden.

Ein herzliches Dankeschön an alle Mitwirkenden und Dozierenden, die mutig neue Wege gehen und die gelungene Umsetzung!

Ich hoffe auch Ihr habt euch nochmal mehr für die spannende Welt des ambulanten Operierens begeistern können.

Eure Regina

Referenzen:
1 Arujuna NR, Brendling L, DeGiovanni C. Dermatologic Surgery and Reconstruction Photograph Booklet as a Tool to Improve Informed Consent Before Skin Surgery. Dermatol Surg. 2018 Aug;44(8):1070-1074. doi: 10.1097/DSS.0000000000001519. PMID: 29659403.
2 Liu X, Nelemans PJ, Frenk LDS, Sengers H, Tuinder SMH, Steijlen PM, Mosterd K, Kelleners-Smeets NWJ. Aesthetic outcome and complications of simple interrupted versus running subcuticular sutures in facial surgery: A randomized controlled trial. J Am Acad Dermatol. 2017 Nov;77(5):911-919. doi: 10.1016/j.jaad.2017.04.1128. Epub 2017 Jul 17. PMID: 28728869.
3 Abbott TEF, Ahmad T, Phull MK, Fowler AJ, Hewson R, Biccard BM, Chew MS, Gillies M, Pearse RM; International Surgical Outcomes Study (ISOS) group. The surgical safety checklist and patient outcomes after surgery: a prospective observational cohort study, systematic review and meta-analysis. Br J Anaesth. 2018 Jan;120(1):146-155. doi: 10.1016/j.bja.2017.08.002. Epub 2017 Nov 23. PMID: 29397122.
4 Tian TM, Bray APJJ, Bogucki P, Myers L, de Berker D. WHO Surgical Checklist in Dermatology: Compliance, Barriers, and Attitudes. Dermatol Surg. 2019 Aug;45(8):1042-1046. doi: 10.1097/DSS.0000000000001922. PMID: 30893152.
5 Ahmed S, Miller J, Burrows JF, Bertha BK, Rosen P. Evaluation of patient satisfaction in pediatric dermatology. Pediatr Dermatol. 2017 Nov;34(6):668-672. doi: 10.1111/pde.13294. PMID: 29144047.