Strategische Entscheidungen

Wer, wie, was, wieso, weshalb, warum

Vor dem Start in die Selbständigkeit sollten Überlegungen bezüglich der künftigen Aufstellung und Ausrichtung der eigenen Praxis getroffen werden. Dazu gehören:

Die Praxisform: Wenn Sie planen selbstständig in einer dermatologische Praxis zu arbeiten, haben Sie drei Möglichkeiten. Sie gründen oder übernehmen eine Einzelpraxis, oder Sie schließen sich einer Praxisgemeinschaft oder einer Berufsausübungsgemeinschaft an.

Einzelpraxis: Die Einzelpraxis ist nach wie vor die häufigste Form, sich in Eigenverantwortung ein eigenes Unternehmen aufzubauen - ohne hierarchischen Überbau und Chef. Die Verantwortung und Haftung obliegt dem Praxisinhaber allein, aber auch die Gestaltung von individuellen Freiräumen, Wunschgebieten und an eigene Bedürfnisse angepasste Sprechzeiten unter Nutzung der kassen- und/oder privatärztlich festgelegten Vorgaben.  

Praxisgemeinschaft: In dieser Kooperationsform schließen sich zwei oder mehrere Vertragsärzte in gemeinsamen Räumen zusammen und nutzen Praxisausstattung und ggf. Praxispersonal gemeinschaftlich. Jeder Arzt hat jedoch sein eigenes Patientenklientel und rechnet getrennt ab. Bei dieser Kooperation steht die Reduzierung von Betriebskosten im Vordergrund. Eine Praxisgemeinschaft ist fachgleich oder fachübergreifend möglich.

Berufsausübungsgemeinschaft (BAG): Hierunter (früher Gemeinschaftspraxis -GP- genannt) versteht man eine Kooperationsform von mehreren fachgleichen oder fachübergreifenden Ärzten in gemeinsamen Räumen. Im Gegensatz zu einer Praxisgemeinschaft nutzt sie nicht nur Personal und Praxisequipment gemeinschaftlich, sondern behandelt  auch einen gemeinsamen Patientenstamm. Gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung rechnet sie als wirtschaftliche Einheit ab. Die unternehmerische Verantwortung sowie die Sprechstundenabdeckung verteilt sich auf alle Praxispartner (ideal, um permanenten Rund-um-die-Uhr-Stress zu vermeiden oder eventuelle Ausfallzeiten zu kompensieren). Ein wichtiger Vorteil dieser Form der Berufsausübung besteht in der Möglichkeit, sich interkollegial auszutauschen, z.B. zur Absicherung einer Diagnose oder Therapieentscheidung.  

Örtliche Berufsausübungsgemeinschaft (BAG): In einer örtlichen BAG nutzt man zu zweit oder mit mehreren Partnern gemeinsamen einen oder mehrere Vertragsarztsitze an einer Adresse.  

Überörtlliche Berufsausübungsgemeinschaft (BAG): Hier besteht die Möglichkeit die gemeinschaftliche Arbeit mehrer Ärzte überregional und fachübergreifend an räumlich getrennten Praxisstandorten (unterschiedlichen Vertragsarztsitzen) zu gestalten. Dies ist sogar in unterschiedlichen KVen möglich. Voraussetzung ist aber die Einigung auf einen Hauptsitz sowie die Verpflichtung den Patientenstamm gemeinsamen zu behandeln.  

Jobsharing-BAG: Bei diesem Modell teilen sich zwei oder mehrere Vertragsärzte einen oder mehrere Vertragsarztsitze untereinander auf (häufig 3 Kollegen auf 2 Sitzen). Dies hat den Vorteil in der geringeren Arbeitszeitbelastung und des selbständigen Arbeitens ohne Vollzeitzwang. Arbeitszeit und Arbeitsdauer können in Absprache mit dem Partner frei gewählt werden. Die Partner müssen sich allerdings dazu verpflichten, den Leistungsumfang der Praxis nicht maßgeblich auszuweiten. Der Mehrverdienst ist gesetzlich begrenzt.  

Die Standortfrage:

Was ist der richtige Ort für eine Praxis? Die Wahl des Ortes ist ein wichtiger Grundstein für den wirtschaftlichen Erfolg der Praxis. Zur genauen Bestimmung empfehlen Experten daher eine gründliche Analyse der Standortgegebenheiten.

Hat man sich erstmal die Frage gestellt, wo die Praxis eröffnet werden soll, können das Standortanalysetool „Praxis- und Apothekenbörse“ der apoBank und die Webseite der MLP mit soziodemografische Daten und weiteren Informationen sehr gut helfen. Hierzu gehören Themen wie Bevölkerungsentwicklung in den nächsten 10-15Jahren und Daten der Bevölkerungsstruktur, Kaufkraft, Zahl der Mehrfamilien-und Single Haushalte, Arbeitslosigkeit und Beschäftigungsquote sowie die Altersstruktur in dieser Region. Zusätzlich wird die medizinische Infrastruktur betrachtet, also: Wie viele Kliniken und welche gibt es im Umkreis? Wie viele Apotheken? Wichtig ist auch die Anzahl der Wettbewerber aus der gleichen FA Gruppe, dies gilt v.a. für Neugründungen, um die Konkurrenzsituation mit einzubeziehen.

Zum Marktplatz Dermatologie des BVDD e. V.: marktplatz-dermatologie

 

Tipp von JuDerm:  Je spezifischer die fachliche Ausrichtung sein sollte, desto wichtiger ist es, ein Alleinstellungsmerkmal zu haben!

Die Entscheidung Praxisübernahme vs. Praxisneugründung

Welche Vor- bzw. Nachteile haben die verschiedenen Möglichkeiten?

  • Neugründung einer Einzelpraxis:

Bei der Neugründung der eigenen Praxis gibt es einen wirklich tollen Vorteil: Die Gestaltung, die gesamte Konzeption kann nach eigenen Vorstellungen geschehen, es keine Kompromisse mit Partnern oder durch Vorgaben vom Vorbesitzer notwendig. Aber: Man muss natürlich auch alles tatsächlich alleine machen. Es ist eine echte „One-Man-Show“, bei der der Praxisgründer zum Allrounder wird. Hinzu kommt: Der Standort muss erst einmal etabliert werden und die Erfahrungswerte sowie der Patientenstamm einer „alten“ Praxis sind im Grunde nicht vorhanden. Je nachdem kann ich dies als Vorteil oder Nachteil herausstellen. Baut man eine Einzelpraxis komplett selber neu auf, so ist in der Zeitplanung unbedingt die Personalsuche zu berücksichtigen. Geeignetes Fachpersonal zu finden ist keine „Nebenher-Aufgabe“ – hier lohnt es sich gegebenenfalls einen Personaldienstleister mit ins Boot zu holen. Falls man alles allein in die Hand nimmt, bietet der NAV-Virchow-Bund (www.nav-virchowbund.de) Arbeitsvertragsvorlagen an. Diese können telefonisch unter der Nummer 030-288774-0 oder per E-Mail über info(at)nav-virchowbund(dot)de bestellt werden.

  • Übernahme einer bestehenden Einzelpraxis:

Bei dieser Form des Startes in die Niederlassung muss man sich ggf. die Dinge nehmen wie sie sind und vielleicht auch „Altlasten“ mitnehmen. Da man ja eine bestehende Praxis kauft, ist vieles natürlich auch in gebrauchtem Zustand, hier ist es wichtig, genau zu schauen, wie der Standard ist und was ggf. neu beschafft oder ergänzt werden muss. Aber eine bestehende Praxis zu übernehmen hat natürlich auch viele Vorteile: Der Patientenstamm ist bereits da und es ist davon auszugehen, dass durch den Wechsel des Praxisinhabers keine nennenswerte Fluktuation eintreten wird. Die Praxis hat sich außerdem optimalerweise im Alltag bewiesen, es gibt also keine „Kinderkrankheiten“ mehr. Ein bestehendes Raumkonzept ist erprobt und kann direkt übernommen, zumindest aber mit den Erfahrungen des Vorbesitzers überarbeitet werden. Wenn man zudem auch das eingearbeitete Personal mit übernimmt, bleibt einem auch die zeitraubende Personalsuche erspart. Wichtig ist dabei, mit dem Team einen guten Start zu haben und die Akzeptanz als „neuer Chef“ sicherzustellen.

  • Gründung/Eintritt in eine(r) Praxisgemeinschaft:

In ein bestehendes Team einzutreten bedeutet: viel Unterstützung beim Eintritt in das Leben als Selbständiger. Wer die Arbeit im Team schätzt, der ist hier genau richtig. Eigene Gestaltungsmöglichkeiten sind hier jedoch begrenzt, denn üblicherweise gibt es bereits feste, idealerweise bewährte Strukturen. Als der/die „Neue“ gilt es nun, sich erst einmal einzusortieren und den Rhythmus der Gemeinschaftspraxis aufzunehmen.

  • Gründung/Eintritt in ein(es) Medizinisches Versorgungszentrum(s) (MVZ):

Dies eröffnet sich einem die Nutzung der Strukturen eines MVZ, außerdem ist interdisziplinäres Arbeiten optimal möglich.